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Der Kampf geht weiter

■ Mann gegen Mann, Gut gegen Böse, metaphernhaft auf die Bühne gestellt – das ist Catchen / Ein junger Findorffer kümmert sich darum, dass das in Bremen so bleibt

Vor mir liegt ein englischsprachiges Dokument, das von der Catch-Wrestling Association (CWA) in Bremen mit Unterschriften von „Big“ Otto Wanz und CWA-Präsident Dr. Wilfried Ctyrocky anläßlich der Geburt meines Sohnes Linus anno 1993 ausgestellt und mit den Signaturen diverser Profiringer und des damaligen Stadthallenchefs Heinz Seesing besiegelt wurde. Es stellt einen Vorvertrag für eben diesen Linus dar, der sich ausweislich dieser Urkunde zu seinem 18. Geburtstag topfit in eben dieser Stadthalle einfinden soll, um ein Engagement als Berufssportler anzutreten.

Insofern mußte ich mir über den Lebensweg meines Sprößlings an sich kaum noch Gedanken machen, trainiert der jetzt Siebenjährige doch bereits emsig in der Judo-Abteilung der Vereinigten Turnerschaft Rinteln und bereitet sich dadurch gewissenhaft auf seine Karriere vor: Die Showelemente, so mein beruhigter Gedanke, würde ich dann mit ihm schon zu gegebener Zeit einstudieren...

Dieser Teil der familiären Lebensplanung brach jäh zusammen, als vor einigen Monaten Otto Wanz für Bremen das Handtuch warf und verkündete, es werde künftig keine Catchturniere in Bremen mehr geben - Resultat eines Zeitgeists, der lieber auf Steuerzahlers Kosten die Promis in Champagnerlogen auf Tropenholz-Parkett sammelt und dem Herrn Schicki und dem Fräulein Micki allerhand Messen, Kongresse und sonstige Foren der Selbstdarstellung spendiert, statt den archaischen Kampf Mann gegen Mann und Gut gegen Böse metaphernhaft auf die Bühne des Lebens zu heben. Die darauf eintretende Depression beim Autor dieser Zeilen steigerte sich noch, da auch das hannöversche Catchturnier dieses Jahres „wg Expo etc.“ abgesagt wurde.

Während ich noch mit mir wegen einer Klage vor dem Internationalen Gerichtshof gegen das Schicksal selbst haderte, betreffs entgangener Lebensfreude und fehlender Sinnstiftung, währenddessen machte sich ein junger Mann aus Bremen-Findorff daran, das Elend zu mindern: Mutig sprang er in die gewaltige Bresche, die Big Ottos Abgang geschlagen hatte, gründete die EUROPEAN WRESTLING PROMOTION und veranstaltet nunmehr ganz ohne Netz und doppelten Boden, powered by August Smisl vom Bremer Fitness-Studio TOP GYM im Waller Hafengebiet, am 17.und 18. November in der Stadionsporthalle zu Hannover ein zweitägiges „Wrestling 2000-Festival“, zu dem so ausgewiesene Lichtgestalten wie Cannonball Grizzly, Hercules Harrison und Tiger Steele sowie der ringende Hardrocker Robby Brookside antreten. Das Aufregendste aber: Der irische Ringfuchs und IRA-Patriot Fit Finlay reist nach schweren Verletzungen in den USA trotzdem an, um dem langjährigen britischen Commonwealth Champion Tony St. Clair in dessen letzten Gefecht als Profi gegenüberzutreten. Ein Ereignis, das den Hauch von Geschichte atmet und selbst durch die „Intercontinental Championship“ zwischen Veranstalter „Ecki“ Eckstein („die deutsche Rakete“) und den eisenharten Rüpel Dirty Dan Collins kaum zu toppen sein dürfte.

„Nach einem erfolgreichen Debut als Veranstalter in Hannover werden wir wohl auch in Bremen wieder für echte Catch-Atmosphäre sorgen“, verspricht Jung-Promoter Eckstein und kündigt bereits an: „Wir setzen dabei allerdings nicht auf mehrwöchige Turniere, sondern auf Einzelveranstaltungen und Festivals von zwei oder drei Tagen Dauer, bei denen ein Highligt das nächste jagt!“

Grund genug, die Großveranstaltung in Hannover emsig zu besuchen, damit das Wahre Schöne Gute auch in Bremen wieder eine Heimstatt findet: Die Ticket-Hotline ist unter der Nummer 01805/99 2000 zu erreichen. Und treffen könnten wir uns am Biertresen gleich links vom Ring, Hart backbord, sozusagen. UrDrü

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