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Politikverdrossen

Eine laue Beteiligung und eine Absage an die Regierung bei Kreis- und Senatswahlen in Tschechien

PRAG taz ■ Eine kalte Dusche haben die tschechischen Wähler am Wochenende bei den Kreistags- und Senatswahlen ihrer sozialdemokratischen Regierung verpasst. In den insgesamt 13 Kreisen, deren Vertretung nach einer langwierigen Verfassungsänderung nun zum ersten Mal gewählt wurden, erlangte die Partei von Premierminister Milos Zeman nicht einen einzigen Wahlsieg und nur 111 von insgesamt 665 Sitzen. Die Bürgerlich Demokratische Partei (ODS) gewann sieben Kreise und ist im Ganzen mit 185 Abgeordneten vertreten.

Immer mehr tschechische Bürger scheinen sich allerdings sowohl von den Sozial- als auch von den Bürgerdemokraten abzuwenden, die auf Parlamentsebene dank eines gemeinsamen Tolerierungsabkommens miteinander klüngeln. Denn die wahren Sieger der Wahlen sind diejenigen, die in Tschechien die wahre Opposition darstellen. Das ist einerseits die Viererkoalition aus der ODS-Abspaltung Freiheitsunion, der Demokratischen Bürgerallianz (ODA), den Christdemokraten und der Demokratischen Union – und andererseits die Kommunisten.

Die Viererkoalition, längst bekannt als Lieblinge von Präsident Havel, errang in den Kreisen 171 Mandate, die Kommunisten, beim Präsidenten wohl weniger beliebt, kamen auf 161. In den gleichzeitig stattfindenden Senatswahlen war das Bild ungefähr gleich. Die genauen Ergebnisse werden aber erst nach den Stichwahlen in zwei Wochen vorliegen.

Das eigentliche Zeichen, das die Tschechen ihren Politikern bei diesen Wahlen gaben, war das der Verdrossenheit: Nur etwa 33 Prozent bemühten sich überhaupt, zur Urne zu gehen.

Die Angst vor den Kommunisten hat jetzt die Politelite des Landes so gepackt, dass sogar die ODS ihre Wähler aufgerufen hat, in den Stichwahlen zum Senat die Viererkoalition zu wählen, die eigentlich der Lieblingsfeind der Bürgerdemokraten ist. Der sozialdemokratische Premier Zeman indes nimmt das Wahldebakel seiner Partei tapfer auf seine breiten Schultern: „Ich erkenne die volle Verantwortung dafür an, dass es uns weder in den Senatswahlen, wo das leider eigentlich normal ist, noch in den Kreistagswahlen gelungen ist, die Anzahl unserer Wähler zu erhöhen“, sagte Zeman ungewohnt kleinlaut nach Bekanntgabe der Resultate. Resignieren will der Premier, der sich ohnehin schon in zwei Jahren von der politischen Szene verabschieden will, deswegen trotzdem nicht. „Das wäre nur eine theatralische Geste.“ ULRIKE BRAUN

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