Sturm aufs Heute

■ ...And You Will Know Us By The Trail Of Dead holen Indierock zurück ins Leben

Der Name der Band rührt her von einem Maja-Ritual, das den Gläubigen die Auferstehung ihrer Seelen an einem anderen Ort versprach – And You Will Know Us By The Trail Of Dead (die Kurzversion muss von jetzt an ausreichen).

Das Quartett selbst hat sich wohl weniger an religiösen Ritualen als vielmehr am Gitarrenrock der 80er Jahre geschult. Einer Musik also, die inzwischen im Verdacht steht, ihren Bezug zu zeitgemäßen Lebensentwürfen verloren zu haben. Denn das Rocken ist immer auch ein „Sich-frei-Rocken“ von den leiblichen, musikalischen und gesellschaftlichen Vätern gewesen. Eine Last auf den Schultern wollte kurzzeitig abgerockt werden. Heute vertraut man eher auf lebensbejahende und tanzbare (elektronische) Formen, während die meisten aktuellen Rock-Ansätze noch immer auf das Leiden unter den Umständen setzen. – Für die Inspiration zu einem Song muss mindestens ein naher Bekannter über die Klinge gesprungen sein, daher die Emotion.

Bei Trail Of Dead läuft das etwas anders. Mit ihnen bricht sich eine neue Angriffslustigkeit Bahn, die sich ihrer guten Laune nicht schämt. Sie handeln unter geradezu frecher Ausnutzung uralter Stilelemente: große Ausbrüche nach kurzem Innehalten, archaische Riffs und endloses Schlussakkordgeprügel. Und wenn Jason Reece irgendwann anfängt „Fuckyoufuckyoufuckyou!“ zu brüllen, dann stoppt ihn nur noch rigoroses Ausblenden seiner Spur. In solchen Momenten könnte man sich gut vorstellen, mit ihm durch die Strassen zu rennen. Tja. Das haben wir lange nicht mehr gehabt.Da drängt es sich die Herkunft des Bandnamens doch noch einmal auf. Von einem möglichen Dasein unter anderen Umständen ist da die Rede. Aber wie lebt es sich mit der Bürde eines angenommenen Verlustes an Authentizität? – Trail Of Dead würden auf diese Frage wohl ungehalten reagieren. Wahrscheinlich würden sie sogar anfangen zu spucken. Das soll während ihrer sagenumwo-benen Live-Shows tatsächlich häufiger zu beobachten gewesen sein. Ob auch den Majas etwas Derartiges vorschwebte, können wir nur vermuten.

Festzustellen bleibt, dass Trail Of Dead eine der wenigen mögli-chen Einstellungen besitzen, die man braucht, um im 21. Jahrhundert noch ordentlich Rockmusik spielen zu können. Immerhin „in an age that desperately needs to reclaim the power of rock 'n' roll from those who would make it weak and trivial“ – da kann einem schon mal Angst und Bange werden. Wegen wem oder was auch immer.

In der Bandbiographie heisst es weiter: „They are about rock. Playing rock 'n' roll, becoming famous and dying. And starting fires along the way“ – ob das heißen soll, dass Trail Of Dead einen Indierock-Relaunch beabsichtigen, wäre wohl eine Frage zuviel. Und wer zuviel fragt, wird angespuckt.

Andi Schoon

Donnerstag, 21 Uhr, Molotow