: Die Mir kommt
Russische Regierung entscheidet auf Absturz der alten Raumstation. Firma sucht nach Kapital für Rettung
BERLIN taz ■ Der Poker um das Ende der russischen Raumstation Mir geht offenbar in die letzte Runde: In Moskau beschloss gestern die russische Regierung, dass die 14 Jahre alte Raumstation im Februar im Pazifik versenkt werden soll. Sie folgte damit einer Empfehlung eines hochrangigen russischen Raumfahrtgremiums von Anfang Oktober. Grund für die Entscheidung ist, dass Russland kein Geld hat, um die Mir zu betreiben und gleichzeitig alle Verpflichtungen für die Beteiligung an der Internationalen Raumstation (ISS) zu erfüllen.
Bereits im Frühjahr dieses Jahres sollte die Mir zum Absturz gebracht werden. Im April hatte jedoch ein privates russisch-amerikanisch-europäisches Firmenkonsortium namens MirCorp einen 40 Millionen Mark teuren Reparaturflug zur Mir und damit den ersten privat finanzierten Raumflug überhaupt ermöglicht. Die MirCorp hatte außerdem geplant, im nächsten Jahr erstmals Touristen zu einem Urlaub im All auf die Mir zu bringen. Für den ersten Flug hatte sich im Juni der US-Multimillionär und ehemalige Nasa-Wissenschaftler Dennis Tito angemeldet und dafür 40 Millionen Mark bezahlt. Damit die Mir überleben kann, müssten jedoch mindestens weitere 200 Millionen zur Verfügung stehen. Da das Konsortium das nötige Geld nicht aufgebracht habe, so der russische Regierungschef Michail Kasjanow gestern, sei nun das Ende der Mir beschlossen worden. Termin sei Ende Februar.
Unklar ist auch noch, auf welche Weise die 130 Tonnen schwere Mir zum Absturz gebracht werden soll. Wird er nur von der Bodenkontrolle gesteuert, lässt sich das Zielgebiet im Südpazifik schlecht anpeilen. Teile der Mir, die nicht in der Erdatmosphäre verglühen, könnten auch auf bewohnte Gebiete stürzen. Bei den bisher gefahrenträchtigsten Unfällen dieser Art waren 1978 ein russischer Satellit in Nordkanada und 1979 das US-Weltraumlabor Skylab über Westaustralien abgestürzt, allerdings über unbewohntem Gebiet. Besser kontrollieren ließe sich die Mir, wenn sie eine letzte Besatzung in eine niedrige Umlaufbahn kurz über der Erdatmosphäre brächte. Bei dieser mit 50 Millionen Mark teuersten Absturzvariante soll nach russischen Erwägungen auch der potentielle Mir-Tourist Dennis Tito mitfliegen dürfen. KENO VERSECK
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