: Beim Schenken an sich denken
Kochbücher, Fitness-Geräte, Kopfhörer, Aphrodisiaka: Wer seine Präsente strategisch wählt, hat selbst auch etwas davon ■ Von Heike Dierbach
Meine Eltern passen eigentlich gar nicht zusammen. Der Grund: Sie isst zu Weihnachten am liebsten Marzipan, er Nougat. Kann das gut gehen? Nur mit dem nötigen Pragmatismus. So wie an jenem Heiligabend vor zehn Jahren. Zum Fest der Liebe wollte – klar – jeder den anderen beglücken. Und schenkte ihm das, was ihm selbst am teuersten ist: Sie, der Marzipanfan, bekam ein Kilo Edel-Nougat (beige-braun gestreift), er ein voluminöses Marzipanbrot (Niederegger). So plump darf man es natürlich nicht angehen, beim Schenken auch an sich zu denken. Der Profi greift zu subtileren „Bumerang-Präsenten“: Die tazhamburg gibt Nachhilfe.
Für AnfängerInnen empfiehlt sich das Kochbuch, vorzugsweise an WG-GenossInnen oder LebenspartnerInnen. Da springt mindes-tens ein leckeres, liebevoll zubereitetes Essen raus. Mehr allerdings oft nicht. Oder eine Strickmaschine. Die birgt allerdings das Risiko, dass man den ersten damit gefertigten Pulli („den bekommst du aber“) anziehen muss und beteuern, dass die kleinen Fehler und der eine zu kurze Arm einen gaaar nicht stören.
Einträglicher ist, dem Liebsten etwas für Körper und Geist zu schenken. Hat er nicht irgendwann erwähnt, dass er ja auch mal wieder mehr Sport machen müsste? Was gibt es da für ein liebevolleres Geschenk als eine Jahresmitgliedschaft im Fitness-Studio (“da musst du dann aber auch hingehen, war nicht billig...“). Oder die Billig-Variante: Ein Paar Hanteln. Dazu passen (aber nicht hintereinander auspacken lassen!) ein, zwei schicke Men-String-Tangas. Und um sicher zu gehen, dass frau auch in den Genuss des Resultates kommt: Hanf-Liköre mit „aphrodisierender Ausrichtung“ (100 ml für 22,50 im HanfHaus Hamburg, Eppendorfer Weg 64).
Auch Kinder kann man strategisch beschenken. Der kleine Kelly-Family-Fan bekommt einen schnurlosen Kopfhörer – da freut sich die ganze Familie. Oder wie wärs mit einem niedlichen kleinen Kinder-Besen mit Handfeger? Das rentiert sich.
Vor anderen unbedachten Präsenten hingegen muss gewarnt werden. Dass das Kinder-Trommel-Set („Super-Sound für kleine Rock-Stars“ für 29,99 bei „Plus“) nach hinten los geht, ist noch offensichtlich. Aber wer würde Arges vermuten, wenn sich der Liebste „so einen kleinen Tisch“ wünscht, „mit dem man gemütlich im Bett frühstü-cken kann“? Vorausgesetzt, jemand verlässt zuvor das Bett, kauft Brötchen, kocht Kaffee und Eier, presst Orangensaft und serviert das Ganze mit einer Kerze darauf. Das hat frau dann davon.
Deshalb: Erst denken – dann schenken. So lassen sich peinliche Situationen wie die Nougat-Marzipanbrot-Bescherung vermeiden. Obwohl: Die beiden sind immer noch glücklich miteinander. Sie haben einfach Marzipan und Nougat getauscht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen