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Bach für die Oper entdeckt

■ Auf der Probebühne der Staatsoper: Ingrid von Wantoch Rekowski inszenierte „Ein geistliches Bankett“ nach Bachkantaten

Sie trippeln, schlurfen und stolpern auf die Bühne. Die Haare der lemurenhaften Wesen kleben an den Köpfen, ihre Gesichter sind bleich, und die Augen umgeben tiefe Schatten. Die acht Gestalten zu-cken und blicken wirr. So skurril und gar nicht sittsam religiös beginnt Ein geistliches Bankett auf der Probebühne der Staatsoper: Die Regisseurin Ingrid von Wantoch Rekowski hat für diese Produktion des Opernstudios drei Kantaten von Johann Sebastian Bach sehr eigenwillig inszeniert. Obwohl ihre szenischen Variationen stellenweise recht abstrakt geraten, überzeugt der Abend insgesamt doch. Nicht zuletzt, weil die Nachwuchssänger unter der sensiblen Leitung von Barock-Spezialist Konrad Junghänel so lebendig musizieren.

Von Wantoch Rekowski hat vor ihrer Regieausbildung zunächst Malerei und Tanz studiert. Das verrät auch ihre Bach-Inszenierung: Die Sänger folgen hochkonzentriert einer genauen Choreografie, wobei sie sich immer wieder zu Tableaus vereinen, die berühmte Darstellungen der Leidengeschichte Jesu Christi zitieren. Besonders berührt dies in der Kantate „Christ lag in Todes Banden“ (BWV 4), wenn das Ensemble das Pietà-Gemälde von Sandro Botticelli nachstellt.

Überhaupt überzeugt die Inszenierung der dritten Kantate dieses Abends am stärksten, weil hier die szenische Aktion klarer korrespondiert mit dem Gehalt des Werks. Hier bieten sich dem Zuschauer konkretere Anknüpfungspunkte, er bleibt nicht mit seinen Assoziationen allein. Insgesamt folgt die Aufführung einem dramaturgischen Bogen: Während die Kantaten „Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu Dir“ (BWV 131) und „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“ (BWV 12) um Sünde und Erlösung sowie Glaubenstiefe kreisen, handelt BWV 4 schließlich von der österlichen Zuversicht auf ein Leben nach dem Tod.

Mag mancher Regie-Einfall ein Rätsel bleiben, die Qualitäten der jungen Sänger sind in keinster Weise fragwürdig, sondern vielmehr verheißungsvoll, auch wenn man sich am Premierenabend an manchen Stellen größere dynamische Abstufungen gewünscht hätte und die Koloraturen teilweise etwas verhuscht blieben.

Aufhorchen ließ mit tenoralem Schmelz etwa Martin Homrich. Ebenso gut: der füllige Sopran von Inga Kalna und der kernige Bariton von Jan Buchwald. Neben dem klangschönen Mezzosopran von Antigone Papoulkas wirkte die Stimme von Countertenor Henning Voss allerdings reichlich dünn und blass. Unterm Strich ist es ein mutiges und überaus spannendes Experiment, den Komponisten Bach auch für die Opernbühne zu entdecken. Die Musik gibt das her. Dagmar Penzlin

weitere Vorstellungen: heute, 24., 28., 30.11. + 2.12., jeweils 20 Uhr, Probebühne der Staatsoper, Schlicksweg 21

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