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Die konservative britische Zeitung The Times meint zum Streit um den Ausgang der US-Präsidentenwahl: Der neue Präsident, wer immer es sein wird, wird unter seinem Verlust an Autorität ebenso wie unter dem Streit um seine Wahl zu leiden haben. (...) Jeder der beiden Männer wäre dem Vorwurf ausgesetzt, den Wahlsieg gestohlen zu haben. Jeder stünde einem sehr unruhigen Kongress gegenüber und müsste auf eine vermutlich schwere Niederlage bei den Kongresswahlen des Jahres 2002 gefasst sein. Es ist höchst wahrscheinlich, dass es im nächsten Kongress eine Mehrheit geben wird, die nur darauf brennt, sich für die Niederlage bei den Präsidentenwahlen zu rächen.

Die konservative französische Tageszeitung Le Figaro schreibt zum gleichen Thema: Die Amerikaner sind auch angesichts dieses Durcheinanders bei der Auszählung der Stimmen von der Funktionsfähigkeit ihrer Verfassung überzeugt. Sobald der Nachfolger Bill Clintons in das Weiße Haus eingezogen ist, wird er gewiss eine Reform des Wahlsystems veranlassen. Diese Komödie hat zu viel Schadenfreude in der Welt ausgelöst. Aber der Kongress wird eher Kredite für die Modernisierung des Wahlsystems geben als die Verfassung ändern. In den letzten 200 Jahren wurden 2.500 Änderungen der Verfassung eingebracht, aber nur 26 verabschiedet. Der Grund: In beiden Häusern des Kongresses ist eine Zweidrittelmehrheit dafür erforderlich, und die ist nur sehr schwer zu erreichen. Das alte Europa muss wissen: Was seine Verfassung anbelangt, ist das Amerika der Bewegung und der Geschwindigkeit das genaue Gegenteil: diesbezüglich gelten Stabilität und Langsamkeit.

Und die linksliberale französische Tageszeitung Libération findet: Die Vereinigten Staaten gleichen nach diesem Funktionsfehler ihres Wahlsystems immer mehr einem steuerlosen Raumschiff, das sich in gefährlicher Weise vom Rest der Welt entfernt und auf ein schwarzes politisches Loch zusteuert. Gewiss gibt es in der Person des Bill Clinton noch einen Kommandanten an Bord. Außerdem haben die Amerikaner bisher einen bemerkenswerten Bürgersinn gezeigt, da die meisten meinen, dass es eben seine Zeit braucht, einen Präsidenten auszuwählen. Aber die Kämpfer, die sich in den Wahl-Sümpfen Floridas einen unbarmherzigen juristisch-politischen Blitzkrieg liefern, stehen kurz vor dem Punkt ohne Wiederkehr, über den hinaus die Wahlkonfrontation in eine wirkliche politische Krise abgleitet. Wer auch immer am 21. Januar ins Weiße Haus einzieht: Ihm wird der Ruf einer lahmen Ente anhaften.