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Was heisst hier Rrevolution?

■ Feministische Linke mit Riot-Grrl-Geschichte: Le Tigre kleben auch im Molotow keine Männermünder zu

Frohlock! Le Tigre spielen in Hamburg! Hurra! Endlich. Le Tigre sind Kathleen Hanna, vormals Shouterin/Songschreiberin der Riot Grrl-Band Bikini Kill, auch weiterhin als Singer-Songwriterin Julie Ruin tätig. Ihre beiden Mitstreiterinnen sind Videokünstlerinnen und Fanzine-Schreiberinnen und live für Samples, Beats und Slide-Shows zuständig. Auch live dürfte somit ziemlich explodieren, was auf Platte grossartig klingt. Ein Freund erzählte mir, dass ein Bekannter von ihm nach der Le Tigre-Platte im letzten Jahr so süchtig war, sie aber nicht kaufen konnte, so dass er jeden Morgen wieder bei einem Schallplattenladen auftauchte, sich Kopfhörer überstülpte und ein paar Lieder hörte, um gut in den Tag starten zu können. Wie das ein echter Fan eben so macht. Nicht zu den echten Le Tigre-Fans zählt wohl Jan Niklas Jansen, SPEX-Autor, der gerade online das Berlin-Konzert von Le Tigre und Hanin Elias/Nic Endo (Atari Teenage Riot) kritisiert hat. Seiner Meinung nach passt es nicht zusammen, wenn eine Band einerseits Revolution machen, andererseits aber keine ins Private hineinreichende Fragen beantworten will. Im vorliegenden Fall hatte eine Zuschauerin vor den Zugaben gefragt, wo denn die inzwischen ersetzte dritte Mitspielerin geblieben sei, und Kathleen Hanna hatte keine Lust, ihr darüber detailliert Auskunft zu geben. Eigentlich kein Beinbruch, sollte man meinen. Doch Jansen hat's offensichtlich auf die Palme gebracht: „Auf welche Seite (Band oder Publikum) soll man jetzt wütender sein? Wenn an einem Tag, an dem das jetzt-Magazin die Revolution zum Thema macht, die (so man sie denn noch so nennen kann) feministische Linke (samt Sympathisanten) sich damit beschäftigt, ihre Innereien auszudiskutieren, um das Ganze in beleidigten Ges-ten enden zu lassen? ... Auf dem Weg zum Bahnhof dann überlegt, wie unbrauchbar dieser ganze Kunstgalerieansatz doch ist. Und wie albern, wie sich da Menschen mit einer Vorstellung von Weltverbesserung gegen Geld auf der Bühne zur Schau stellen.“ Soweit Herr Jansen. Wahrscheinlich muss man dabei gewesen sein, um seinen Zorn nachvollziehen zu können. Aber es sei darauf hingewiesen, dass es sehr wohl eine feministische Linke gibt, die man auch sehr wohl so nennen kann, und dass man gerade auf einem Le Tigre-Konzert wahrscheinlich noch offensiver über wirklich wichtige Dinge diskutieren kann als auf anderen Konzerten und dass Herr Jansen sich ja auch hätte äußern können, oder seit wann wird Männern vor Konzerten von „Frauenbands“ der Mund verklebt? Verstehe ich nicht und überhaupt bin ich jetzt auch ganz schön in Rage und ... Na, erst mal abwarten, wie es denn so wird an diesem Freitag im Molotow. Barbara Schulz

Freitag, 21 Uhr, Molotow

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