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„Liebe taz...“ Rotzig vorgetragene Behauptungen

„Nicht in der Nase bohren“, taz bremen vom 14.11.2000

Dass Sie Ihrem Mitarbeiter Reinhard Mohr in der Montagskolumne (20.11.00) in seiner statusheischenden Lateinanrede den falschen Kasus durchgehen lassen (die Anrede fordert den Vokativ, der heißt Germania), ist nicht so bedeutend, aber dass Sie die niveaulose Theaterkritik „Nicht in der Nase bohren!“ (14.11.00) zur „Möwe“-Inszenierung des Jungen Theaters abdrucken, das nehme ich Ihnen übel. (Nein, ich werde deshalb mein Abo nicht kündigen.) Der Rezensent darf ja gern eine Meinung haben, auch eine kritische, auch eine vernichtend kritische, aber er muss sie auf informierte und dem Gegenstand angemessene Weise begründen. Die rotzig vorgetragene Behauptung, „überzeugend war nur die Langeweile“, reicht nicht. Sicher kann man das Konzept der Aufführung kritisieren; fehlt aber in der Bewertung der Aufführung die Tatsache, dass Regie und Ensemble durch wunderbare theatralische Erfindungen glänzen konnten, und dass sie die Darstellung der Langeweile (am See, zum Beispiel) kurzweilig in Szene gesetzt haben, dass sie insgesamt einen überaus unterhaltsamen Theaterabend präsentiert haben, dann wird aus der Rezension nur noch ein qualitätsloser Verriss. Meinem Verständnis nach verrät auch seine Sprache den Rezensenten als herablassendes Großmaul: ein Satz wie „Dabei waren die schauspielerischen Leistungen gar nicht schlecht“ beansprucht für sich eine alles überschauende, kunst- und welterfahrene, geradezu olympische Position, die sich auch ein geschmackssicherer Autor nicht erlauben würde. Zum Konzept selbst, das er als „unausgegoren“ abfertigt, hat der Rezensent so gut wie nichts zu sagen. Das Problem der Modernisierung älterer Stücke erwähnt er nicht einmal; für die Verlagerung des Schwerpunkts im ersten Teil auf die Darstellung der alternden Schauspielerin und Mutter – weg von der umfangreichen Diskussion des Schreibens und des Schriftstellerdaseins in Tschechows Text – findet er keine Worte.

Jens-Ulrich Davids

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