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Coach auf die Couch

■ In der Zone: Trainer haben auch beim Amateurkick nur noch begrenzten Auslauf

Mein Freund Tobi meint, die Coaching Zone beim Amateurfußball sei unnützer Quatsch. Und er muss es wissen, hat er doch mal als Profi in der Bundesliga gespielt. Denn genau da nahm das mit der Zone für Trainer vor sieben Jahren seinen Anfang. Geordnete Zustände an den Seitenlinien – also: noch mehr Professionalität – wollte der Deutsche Fußball Bund (DFB) durch den eingeengten Aktionsradius für Trainer bewirken. Nur dort ist der Coach, nur dort darf er–s sein.

Doch was hat die im DFB-Jargon „Technische Zone“ genannte Markierung beim Gekicke in der „Bierbauch- und Holzbeinliga“ zu suchen? „Nichts, nur etwas für Wichtigtuer“, meint mein Freund Tobi, der heute beim schleswig-holsteinischen Verbandsligisten SV Henstedt-Rhen kickt. Auch dort gelten derartige Linien für viele Pfeifenmänner seit langem als unverzichtbar. Wie eine Zone zum Coachen allerdings auszusehen hat, darüber gibt es keine verbindliche Einigkeit. Dort besteht sie nur aus zwei etwa fünfzig Zentimeter langen Strichen, rechts und links vor der Auswechselbank, vorne durch die Außenlinie begrenzt. Anderswo kreieren Platzwarte Kunstwerke mit dem Geodreieck. Und ganz woanders gibt es letzte Reservate der Freiheit, wie etwa an der Sternschanze bei den Heimspielen der Amateure des FC St. Pauli.

Das Ungeheuerliche: Soweit vorhanden, bewegen sich nicht wenige Übungsleiter allzu häufig am Rande dieser Zone und nach Ansicht vieler Gralshüter des Fairplay immer mehr außerhalb – der Legalität? Fraglos ein Tanz der Trainer auf des Messers Schneide, denn was bereits bei geringem Übertritt zunächst mit bösen Blicken des Unparteiischen und dann mit ausschweifenden Außenliniendebatten geahndet wird, endet in vielen Fällen mit ihrer Verbannung aus der Zone auf die Tribüne. Soweit diese bei Kreis- oder Oberligaspielen überhaupt montiert ist. Sind Trainer denn solche Rüpel, die derart toben und rasen, dass sie einen Käfig brauchen, um zur Räson gebracht zu werden? Einen Käfig, der die guten Menschen von den wilden Trainern trennt? Zumindest in besonders heiklen Spielsituationen müsste man der Trainerschaft doch ein Grenzgebiet zugestehen – eine Grau-Zone zum Austoben gewissermaßen – vielleicht ein paar Zentimeter rechts und links der Coaching Zone. Schließlich hat das Seitenlinien-Coachen genannte Hopsen, Wimmern und Geifern mit Ausrufen wie „Das glaub ich jetzt ja überhaupt nicht!“ oder konkreter Fragestellung – „Was pfeift der denn da?“, unterstützt durch zackiges Armerudern, doch auch was Urkomisches. So manch einer tritt sogar einzig wegen dieses unfreiwilligen Schauspiels den Weg zum Amüsement auf dem Sportplatz um die Ecke an.

Nach dem Jubelverbot für Torschützen und der Einführung der Coaching Zone darf sich die Bälle tretende Zunft demnächst wohl noch auf etwas anderes gefasst machen, sollten Trainer weiterhin ihren Fuß zu weit über die Linie setzen. Coach, Couch, Couching-Zone, Couch-Coaching? Bitte nehmen auch Sie Platz. Oliver Lück

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