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Mühlenberger Loch bleibt noch offen

■ Gericht und Investor verzögern Dasa-Erweiterung für A3XX

Kurz vor Weihnachten soll Bescherung sein. Am 19. Dezember will der rot-grüne Hamburger Senat den Startschuss für die Zerstörung des Mühlenberger Lochs geben. Fraglich ist jedoch, ob der enge Zeitplan für die Erweiterung des Finkenwerder Airbus-Werks in das Biotop hinein realistisch ist. Sowohl Hamburger Gerichte wie auch der Flugzeugkonzern selbst sorgen für Verzögerungen.

Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) untersagte in einem jetzt bekanntgewordenen Beschluss vom 21. November der federführenden Wirtschaftsbehörde bis auf weiteres, Aufträge für Bauarbeiten zu erteilen. Es bestätigte damit die aufschiebende Wirkung einer Klage, die ein Berliner Bauunternehmen eingereicht hat.

Diese hatte sich für Teile der vorbereitenden Baumaßnahmen beworben, wurde vom zuständigen Vergabeausschuss der Behörde aber nicht berücksichtigt. Zu Unrecht, meint die Firma, die ein abgekartetes Spiel zwischen Behörde und bevorzugten Hamburger Unternehmen vermutet. Wegen „Verdachts der Befangenheit“ reichte sie deshalb Klage ein.

Vor einer Entscheidung in der Hauptsache, so das OLG nun, dürften keine Aufträge vergeben werden. Eine Entscheidung noch in diesem Jahr gilt als möglich, aber unwahrscheinlich. Beim Verwaltungsgericht liegen zudem 28 weitere Klagen gegen das gesamte Bauvorhaben von Anwohnern vor. Auch über diese muss noch entschieden werden.

Sorgen bereitet der Wirtschaftsbehörde auch der Investor selbst. Der Aufsichtsrat der Airbus-Mutter EADS wird erst im nächsten Frühjahr entscheiden, ob der geplante Riesen-Jet A3XX überhaupt gebaut wird. Die Finkenwerder Flugzeugwerft soll Teile des ersten doppelstöckigen Fliegers in der Geschichte der Luftfahrt herstellen. Dafür müsste sie in die ökologisch wertvolle Elbbucht Mühlenberger Loch hinein erweitert werden. Diese Bauarbeiten für das Prestigeprojekt will sich der Senat in der Hoffnung auf bis zu 4000 zusätzliche Arbeitsplätze 1,15 Milliarden Mark kosten lassen.

Bernd Meyer, Sprecher der Wirtschaftsbehörde, ist dennoch guter Dinge. Der Senat könne auch vor einer Produktionsentscheidung des Aufsichtsrates den Baubeginn verkünden. Denn nach einer Vereinbarung in der Koalition genüge dafür „die hinreichende Klarheit über die tatsächliche Fertigung“ des A3XX. Und diese könne auch aufgrund von Willenserklärungen des Konzerns erreicht werden. In diesem Jahr allerdings, räumt Meyer ein, wird es wohl nichts mehr werden mit dem ersten Rammstoß ins Loch. Sven-Michael Veit

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