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Beruf mit Zukunft: Millionär

Prognos-Studie: Am stärksten wachsen Einkommen und Vermögen der Selbstständigen. Zahl der Häuslebesitzer nimmt vor allem bei Rentnern zu. Schlecht stehen Arbeitslose da

BERLIN taz ■ Deutschlands Reiche sind in den 70er- und 80er-Jahren noch reicher geworden, die Ärmsten noch ärmer. Allerdings verschärfte sich diese Kluft weniger stark, als oft angenommen wird. Ausnahme: Ein kleiner Teil der Deutschen konnte seit den 70er-Jahren sehr viel mehr Geld, Haus- und Grundbesitz scheffeln als der Rest der Bevölkerung. Das sind die Ergebnisse einer Studie, die das Basler Prognos-Institut für Wirtschaftsforschung im Auftrag der Hans-Böckler Stiftung für die Jahre 1978 bis 1993 durchgeführt hat. Für einige Daten gingen die Forscher bis 1972 zurück.

1993 hatten die ärmsten 10 Prozent der Bevölkerung durchschnittlich 4.300 Mark auf der hohen Kante, 1978 waren es noch 5.700 Mark gewesen. Die reichsten zehn Prozent hingegen lebten 1993 bequem: Sie konnten auf ein Polster aus Ersparnissen, Aktien und Immobilien zurückgreifen, das im Durchschnitt 800.000 Mark wert war. Diese Gruppe besaß Anfang der 90er-Jahre fast die Hälfte des gesamten privaten Kapitals und immerhin 46 Prozent der Immobilien.

1978 hatten 56 Prozent der Deutschen kein Haus, keine Wohnung und kein Grundstück. 1993 waren es zwar immer noch die Hälfte. Doch vor allem die Rentner, die ihren Lebensabend immer häufiger in den eigenen vier Wänden genießen wollen, holen auf. In Ostdeutschland gebe es „tendenziell weniger Grundbesitz“, sagte Prognos-Wissenschaftler Reinhard Schüssler gestern bei der Vorstellung der Studie in Berlin. Die Entwicklung in den neuen Bundesländern sei „leider“ noch nicht berücksichtigt worden.

Im Vergleich zu 1972 hatten die Deutschen 1993 gut 2,6 Prozent mehr Geld am Monatsende zur Verfügung. Am besten stehen die Selbstständigen da: Unternehmer, Ärzte, Rechtsanwälte – sie konnten ihr Einkommen verdreifachen und verdienten 1993 pro Haushalt 152.200 Mark netto. Rentner und Pensionäre hatten 1993 ebenfalls fast drei Mal so viel Geld zur Verfügung wie 1972. Auch Beamte, Angestellte, Arbeiter und Sozialhilfeempfänger legten erheblich zu. Verlierer ist eine Gruppe, die Anfang der 70er-Jahre mit nicht mal 250.000 noch als Randerscheinung galt, mittlerweile bundesweit auf dreieinhalb Millionen angestiegen ist: die Arbeitslosen. Mit 32.700 Mark im Jahr 1993 legten sie in zwei Jahrzehnten nur gut zwei Prozent zu.

Erstmals, so Schüssler, seien auch Daten über die Superreichen ans Licht gekommen. Erfahrungsgemäß weigere sich diese Gruppe, Auskunft über Einnahmen und Ausgaben zu geben. Schüssler: „Wir haben auf die Statistik zur Vermögenssteuer zurückgegriffen.“ Das Ergebnis: In rund einem Prozent der Haushalte lebt ein Millionär.

KATHARINA KOUFEN

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