Rumäniens Demokraten schließen Reihen

Nach dem Erfolg des Nationalisten Tudor wollen Demokraten dessen Gegner Iliescu bei Präsidenten-Stichwahl stützen

BUKAREST taz ■ Knapp eine Woche nach dem Wahlerfolg des Extremisten Corneliu Vadim Tudor und seiner „Großrumänien-Partei“ haben sich Rumäniens demokratische Parteien entschlossen, Ex-Staatschef Ion Iliescu in der Stichwahl für das Amt des Präsidenten am 10. Dezember zu unterstützen. Auf ein gemeinsames Vorgehen bei der Regierungsbildung einigten sie sich nicht. Ex-Staatspräsident Ion Iliescu hatte im ersten Wahlgang am letzten Sonntag 36,5 Prozent der Stimmen erhalten, Tudor 28,4 Prozent. Iliescus „Partei der sozialen Demokratie“ war mit 37 Prozent stärkste Parlamentspartei geworden und hat das Recht zur Regierungsbildung. Die „Großrumänien-Partei“ (PRM) hatte 20 Prozent erhalten.

Ion Iliescu und seine Partei hatten den Nationalliberalen (PNL), der Demokratischen Partei (PDSR) und der Organisation der ungarischen Minderheit (UDMR) am Dienstag einen einjährigen Regierungspakt angeboten. Alle drei Parteien lehnten den Pakt vorerst ab. Die PNL und PD sprachen sich jedoch dafür aus, Ion Iliescu in der Stichwahl zu unterstützen. Der UDMR will eine Entscheidung noch treffen.

Der Pakt der Iliescu-Partei sieht eine Minderheitenregierung vor, die von den Liberalen, der PD und dem UDMR unterstützt werden soll. Im Gegenzug würden die drei Parteien Mitspracherechte bei zahlreichen Gesetzesvorhaben erhalten. Der Pakt enthält Umrisse eines Regierungsprogrammes, darunter Versprechen zu politischen, Verwaltungs-, Verfassungs- und Wirtschaftsreformen sowie einer Fortführung der europäischen Integration Rumäniens. PNL, PD und UDMR wollen erst nach der Stichwahl mit der Iliescu-Partei verhandeln. Iliescu hat angekündigt, dass seine Partei auf die Regierung verzichtet, wenn er die Stichwahl verliere.

Als Antwort auf den Pakt boten Corneliu Vadim Tudor und seine Partei Iliescu eine PDSR-PRM-Koalition an, ein Angebot, das Iliescu und seine Partei jedoch abgelehnt haben. Tudor drohte daraufhin, dass er als Präsident das Parlament auflösen und Neuwahlen ausschreiben werde, ein Maßnahme ohne verfassungsrechtliche Grundlage.

Unterdessen versinkt Rumänien im Gerüchtechaos. Offenbar als Reaktion auf den Erfolg Tudors und seiner „Großrumänien-Partei“ lautet die Devise unter Politikern: Desinformation statt Aufklärung. In den Medien machen wilde Spekulationen die Runde, etwa über politische Morde oder darüber, ob Tudor sich aus dem Präsidentschaftsrennen zurückziehen wird. KENO VERSECK