: Wilde Wolfswelt
Mit dem 2:0 gegen Schalke 04 bringt der VfL Wolfsburg die hauseigenen Murrer und Nörgler zum Schweigen
WOLFSBURG taz ■ Hoho, war man geneigt zu sagen, angesichts der Meldungen, die zuletzt aus Wolfsburg an die erstaunte Öffentlichkeit drangen. Da hat sich der örtliche VfL doch tatsächlich so in der oberen Hälfte der Bundesliga etabliert, dass man sich bei einigen nicht so erfolgreichen Spielen gleich eine veritable Krise leistet, mit allem Drum und Dran, ganz so, als wäre man Bayern München oder wenigstens Borussia Dortmund. Fünf Spiele in Folge nicht gewonnen, zuletzt das peinliche Aus im DFB-Pokal gegen den MSV Duisburg, schon krittelte Manager Peter Pander an Trainer Wolfgang Wolf herum, und aus dem Vorstand meldeten sich plötzlich Herren, die vorher kaum einer kannte, zu Wort und mussten ebenfalls ihren Senf zur leichten Schieflage geben. Das 2:0 gegen Schalke 04 brachte die Dinge erst mal wieder ins Lot. „Die Mannschaft hat gezeigt, dass doch die Welt in Ordnung ist in Wolfsburg“, verkündete Coach Wolf. Na bitte.
In kleineren Vereinen wie dem VfL Wolfsburg ist es gemeinhin so, dass Manager und Trainer die Sache schaukeln und sich die übrigen Honoratioren nur blicken lassen, wenn es was umsonst gibt oder die Dinge vollkommen aus dem Ruder laufen. Damit dies so bleibt, hat Wolf eine „harte Aussprache“ mit Kritikern wie Vorstandsmitglied Heitmann geführt und dies, wie er erkennen ließ, keineswegs aus der Position des untertänigen Angestellten heraus, sondern eher der des Schulmeisters. „Deutliche Worte“ habe er gefunden und klar gemacht, dass gewisse Meinungen intern zu äußern seien. Mit anderen Worten: Der Chef ist Wolf. Manager Pander jedenfalls beeilte sich zu betonen, wie wichtig Kontinuität sei, was man ja bei Schalke sehe, wo der Verein an Trainer Huub Stevens festgehalten habe, als der „Rauswurfkandidat Nummer eins war.“
In der Tat gibt es wenig Grund für die Wolfsburger, in Panik zu geraten. In der Bundesliga hat die Mannschaft in diesem Jahr noch kein Heimspiel verloren, und auch gegen Schalke wurde den 17.500 Zuschauern mit einer soliden Leistung ihre aus dem vom Duft gebratener Mandeln und Schmalzgebackenem erfüllten Stadtzentrum mitgebrachte Adventsstimmung erhalten. Gekonnt legten die Wolfsburger das gefürchtete Schalker Angriffsspiel lahm, weder Sand noch Böhme, noch Möller kamen wie gewohnt zum Zug. Lediglich der emsige Gerald Asamoah führte alle erdenklichen Formen der Ballbehauptung vor, stellte sich aber beim Torschuss recht unglücklich an.
Dass null Punkte in Wolfsburg nichts wert sind, braucht den Schalkern niemand zu erklären, die Frage ist, was ein Punkt wert gewesen wäre. Auf den waren die Gelsenkirchener nämlich eindeutig aus. Im Meisterschaftskampf ein sehr bescheidener Ansatz, vor allem wenn man bei Standardsituationen so schlecht steht wie die Schalker Abwehr. Immer wieder kamen Wolfsburger Spieler frei zum Köpfen, am erfolgreichsten erledigte dies der unbarmherzige Sand-Bewacher Claus Thomsen in der 56. Minute beim 1:0. Erst dann legten die Schalker ihren Riesenrespekt vor der Heimstärke des VfL ab, übernahmen die Kontrolle und erspielten sich einige Chancen, kassierten aber, als sie am Ende alles nach vorn warfen, das 0:2 bei einem von Charles Akonnor mit kunstfertigem Heber abgeschlossenen Konter.
Insgesamt ein mutloser Auftritt der Gäste, bei denen Trainer Huub Stevens „die geistige Frische“ vermisste, „die nötig ist, wenn man bei einem aggressiven Gegner wie Wolfsburg spielt“. Im Übrigen habe er nie gesagt, dass Schalke eine Spitzenmannschaft sei, quasi freiwillig verabschiedete sich Stevens aus dem Kreis der Meisterschaftsfavoriten: „Wir sind noch nicht so weit. Wir müssen auf dem Teppich bleiben.“
Den hat jetzt auch Wolfgang Wolf wieder fest unter den Füßen. „Die Mannschaft musste zum ersten Mal eine Reaktion zeigen und hat das herrvorragend gemacht“, freute sich der Coach über die gelungene Rehabilitation. „Wir sind die Niedersachsen, sturmfest und erdverwachsen“, heißt es in der ansonsten textlich eher dubiosen Hymne, die vor den VfL-Heimspielen durchs Stadion dröhnt. Zumindest den ersten Sturm im Wasserglas haben die Wolfsburger überstanden. MATTI LIESKE
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