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Sind so trockne Augen

Mit „No Tears“ waren Tuxedomoon Helden der unterkühlten Achtzigerjahre. Nun treten sie in einer neuen Eiszeit auf dem Dancefloor mit DJ Hell im Maria auf

Vor gut einem Jahr gelang den bewährten Produzententeam Westbam/Jankuhn ein Hit. Für das Projekt Mr. X & Mr. Y, das Westbam zusammen mit Africa Islam bildet, sampelten sie den prägnanten Gitarrensound aus einem alten Gothicdisko-Klassiker und verbanden ihn mit einem hämmernden Beat, mit Africa Islams coolen Raps, einem Frauenchor, der aufgeregt „Viva la Revolution“ schreit – und so hieß das Stück dann auch. Es ist eines der besten Stücke aus dem Hause Low Spirit geworden. Das Stück, bei dem sich Westbam und Jankuhn bedienten, war „No Tears“ von Tuxedomoon, einer der wichtigsten New-Wave-Bands zu Beginn der Achtziger.

Anfang des Jahres traf nun DJ Hell, der ja auch nicht mehr zu den Kids im Auflegegeschäft gehört, das Tuxedomoon-Mitglied Stephen Brown. Man saß, so will es die Legende, während der mexikanischen Ausgabe der Love Parade auf einer Caféterrasse. Dort sei dann Hell die Idee gekommen, ein Remix-Album von „No Tears“ auf seinem Label Gigolo Records herauszubringen. Und Brown, ganz alter Held, war sofort begeistert.

Der Song ist unterkühlt: eine merkwürdige Mischung aus Gitarre, Violine, Bass und Synthesizer, in die der Sänger sehr aufgeregt hineinschreit, dass er kein Mitleid habe – „No tears for the creatures of the night, my eyes are dry“. „No Tears“ war, gerade wegen seiner unterkühlten Haltung, ein Proteststück. Da ist es gar nicht falsch, wenn man diese Musik jetzt in die Clubs zurückholt. Ob es in absehbarer Zeit neues Material von Tuxedomoon gibt, steht in den Sternen. Die auf Gigolo Records angekündigte Wiederveröffentlichung von „Half Mute“ jedenfalls lässt auf sich warten. Doch immerhin hat sich die Band noch einmal zusammengefunden, um in Begleitung von Hell auf Tour zu gehen. Dort wird Hell versuchen die Geschichte neu zu schreiben, während sich Tuxedomoon nichts weiter als den verdienten Ruhm abholen wollen.JÖRG SUNDERMEIER

Tuxedomoon (mit DJ Hell), heute 22 Uhr, im Maria am Ostbahnhof

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