: Morgenluft wittern
■ Die Liberalen in Hamburg tun so, als seien sie bereits in der Bürgerschaft
So viel Publikum hatte die FDP in Hamburg lange nicht. Die Umfrage von Welt, Abendblatt und Hamburger Journal aus der Vorwoche, die den Liberalen den Sprung in die Bürgerschaft zutraut, trieb gestern die JournalistInnen auf die Rickmer Rickmers. Dort stellte die Kleinpartei ihre Crew um Spitzenkandidat Rudolf Lange vor – und sich gleichzeitig als Partei, die zwar nicht im Parlament sitzt, sich aber dennoch zur parlamentarischen Auseinandersetzung um den Haushalt äußert. „Die Unfähigkeit zu sparen“, erkennt die haushaltspolitische Sprecherin der FDP, Rose Pauly, in dem Etatentwurf des Senates. Die FDP würde es ganz anders machen.
Die liberalen BürgerschaftskandidatInnen sind 35 Jahre alt, 29 oder 31. „Unser Durchschnittsalter ist sehr niedrig“, frohlockt Lange, der selbst im Wahljahr seinen 60. Geburtstag feiert. Die Liberalen wittern sie, die Morgenluft des vermeintlichen möllemannischen Bundestrends. Der sagt: Jugend wählt wirtschaftsliberal, und daher sind Bildung und Ökonomie auch die Trümpfe, die die FDP im kommenden Jahr ausspielen will. Privatisierung und Eigeninitiative bis zum Anschlag – das ist die Botschaft der Hamburger FDP: „Wenn der Senat so weitermacht wie bisher, werden die Schulden weiter steigen, von Sparen kann ich nichts erkennen“, sagt Pauly.
Die FDP kritisiert das rotgrüne „Beauftragtenunwesen“ – „die brauchen alle ein Büro und kosten daher nur“ –, ihr gibt es zu wenig Parkplätze in der City, und der Senat ist ihr sowieso zu groß. Die Kultur will man der Wirtschaftsbehörde zuschlagen, Umwelt kommt zu Bau und Stadtentwicklung, und Schule und Wissenschaft werden auch zusammen gelegt – ein klares Signal an die CDU, die dieselbe Forderung erhebt.
Hauptprogrammpunkt: „In der Wirtschaft wird das Geld verdient.“ Also soll man die Wirtschaft machen lassen und gleichzeitig bei den Behörden sparen. Wie genau? „Das kann ich im Detail nicht sagen, wir sind ja außerparlamentarisch“, sagt Pauly. Auf der Rickmer Rickmers sind sich alle sicher, dass das im kommenden Jahr nicht mehr gelten soll. Peter Ahrens
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