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Der Hausbesetzer:
Wolf
Wir hatten das Gefühl von Macht und Aufbruch. Wir glaubten, wirklich etwas verändern zu können. Ich war damals 17 Jahre alt. Es gab riesige Demonstrationen. Der Spruch, „legal, illegal, scheißegal“ hat das Lebensgefühl ziemlich gut getroffen. Die Leute sind einfach in die Läden gegangen und haben geklaut. Es gab auch nächtliche Plünderungsaktionen, nicht nur bei Demonstrationen. Der Staat hat solche Aktionen zum Anlass genommen, um die ganze Bewegung zu kriminalisieren, indem die besetzten Häuser zu kriminellen Fluchtburgen erklärt worden sind. Die Hausbesetzerbewegung war eine soziale Bewegung. Einige Häuser haben Obdachlose aufgenommen. In manchen Häusern gab es Junkie-Stockwerke, weil die Junkies als Opfer des Schweinesystems angesehen wurden. Aber es fanden auch üble Machtkämpfe unter den Besetzern statt. Es gab die Verhandler- und die Nichtverhandlerfraktion. Ich war bei den Nichtverhandlern. Es ging mir nicht um das Wohnen an sich, sondern um die Auseinandersetzung mit dem System. Unser Haus war das letzte, das legalisiert worden ist. Ich wohne dort immer noch zusammen mit 25 Leuten in voller Selbstverwaltung. Die Bewegung ist tot. Aber den Traum von einer gerechteren und freieren Gesellschaft haben wir immer noch.
Der Elektriker Wolf (37) macht derzeit eine Umschulung zum Grafiker. Er wollte nicht fotografiert werden.
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