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Ein Dreigespann der Bluesgitarre

■ Das kanadische Trio „Tri-Continental“ begeisterte am Montag abend im Moments

Gleich drei Bluesgitarristen und Sänger zusammen auf der Bühne – ist das nicht ein wenig zu viel des Guten? Und weiß man nicht von solchen Gipfeltreffen, dass da meist die Egos gehörig gegeneinanderstossen und so eher für Misstöne sorgen? Dass es auch anders geht, dass sich drei Musiker mit verschiedenen Spielstilen und Temperamenten wunderbar ergänzen können, dass gute Musiker den Blues wie ein Kaleidoskop aus den gleichen Partikeln zu immer neuen, buntschillernden Bilder zusammensetzen können – das bewies das kanadische Trio „Tri-Continental“ am Montag abend im Moments.

Bill Bourne, Lester Quitzau und Madagascar Slim sind jeder für sich gestandene Bluesmusiker mit keltisch-europäischen Einflüssen bei Bourne, rockig-amerikanischen Wurzeln bei Quitzau und einem Sinn für komplexe afrikanischen Rhythmen bei ihrem aus Madagaskar stammenden Kollegen. Das sind die drei Kontinente ihres Bandnamens, aber nebenbei bezieht er sich auch noch auf den Gitarrenhersteller „Continental“ und Bournes Lieblingsauto, den „68er Lincoln Continental“. Es ist also alles drin im Namen: die Welt, die Musik und die Nostalgie nach der Popkultur der 60-er.

Das sind gutgefüllte Töpfe, aus denen die drei da schöpfen können, und genau dies taten sie hier auf eine sehr sympathische, unangestrengte und organische Weise. Bei jedem Song gibt einer von den dreien den Hauptimpuls, und die anderen beiden zupfen dazu jeweils eine stimmige, manchmal eigenwillige aber immer genau ins Zusammenspiel eingewebte Begleitung. Und da ihr Ton auf der Gitarre jeweils sehr unterschiedlich war, hatten sie einen für ein Trio mit (oberflächlich betrachtet) gleichen Instrumenten einen erstaunlich breitgefächerten, manchmal fast orchestral anmutenden Sound.

Lester Bourne mag dabei wie der primus inter pares wirken: Er ist eindeutig der interessanteste Performer mit einer Stimme, die mal so brummt wie bei J.J.Cale und mal so jodelt wie bei Willy Nelson. Dazu stampft er (auf einem Holzbrett mit eigenem Mikro und in schwarzen Socken) ohne Pause den Rhythmus und sieht in schwarzer Kluft, mit schwarzem Zylinder und schwarzer Sonnenbrille ein wenig aus wie die Vogelscheuche, die er in seinem Song „Scarecrow Murders“ besingt.

Seine Mitspieler wirken ein wenig zurückhaltender, aber auch sie haben genügend Gelegenheit, jeweils in den von ihnen komponierten Songs zu glänzen. Zum Beispiel Madagascar Slim mit zwei ganz und gar nach seinen afrikanischen Wurzeln klingenden Songs und Lester Quitzau mit einigen hochromantisch schmachtenden Gitarrensoli. Und wenn bei einigen Stücken nur eine kleine Idee, ein Riff oder ein Grundrhythmus vorgegeben wurde, auf den die drei dann improvisierten, dann bekam man den Eindruck, dass auch sie selber sich noch gegenseitig überraschen konnten. Obwohl jeder Song anders klang und alle drei sehr individuell und ungebremst spielten, hatte ihre Musik doch eine einheitliche, sehr warme und sanfte Grundstimmung. Genau das richtige Salbei für die Winter-Depressionen, aber diesen klimatisch bedingten Blues kennen die drei als Kanadier ja auch zur Genüge.

Wilfried Hippen

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