: Das alte Lied vom Primat der Politik
Die Deutsche Welle soll regierungsnaher Versorgungsbetrieb bleiben. Redakteure fordern Kompetenz statt Proporz
KÖLN epd/taz ■ Vielleicht währt die Amtszeit eines Rundfunkintendanten ja auch deswegen etwas länger, weil der Wahlkampf zum Ende hin schon eingerechnet wird: Im November 2001 läuft die Amtszeit von Dieter Weirich, Chef des von Sparzwängen geplagten Auslandsrundfunks Deutsche Welle (DW), aus. Um den Posten geschachert wird schon heute, wie immer unter dem Primat der Politik. Die Redakteursvertretung der DW hat jetzt vor neuerlichem „Parteienproporz“ bei der Besetzung des Intendantenpostens gewarnt.
„Ein Staatsrat für den ‚Staatssender‘?“ betitelt das Mitarbeitergremium seine Erklärung und meint Erik Bettermann. Der SPD-Politiker ist Bremer Staatsrat, sitzt in Berlin als Bevollmächtigter des Stadtstaats beim Bund – und gilt als genehmer Kandidat der Bundesregierung für das Intendantenamt der Bundesrundfunkanstalt.
„Mit Befremden“ hat die Redakteursvertretung daher zur Kenntnis genommen, dass der oberste DW-Job „wiederum zur Versorgung verdienter Parteipolitiker durch die jeweilige Regierungskoalition missbraucht werden“ solle. Hier werde erneut „dem Proporzdenken der Vorrang eingeräumt, journalistische Kompetenz Koalitionsgeküngel geopfert“. Die Position des Intendanten sei „keine Versorgungseinrichtung“ für „verdiente“ Parteipolitiker. Die DW-Redakteursvertretung fordert in ihrer Erklärung stattdessen einen Intendanten „mit Profil und Komptenz“, der die Deutsche Welle auf den internationalen Medienmärkten „versiert positioniert, sie nach innen konsolidiert und zusammen mit den MitarbeiterInnen journalistische Perspektiven für die Zukunft entwickelt“.
Neben Bettermann gilt der Düsseldorfer Regierungspräsident Jürgen Büssow, früher medienpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen, als weiterer Interessent für den DW-Intendantenposten. Und auch der jetzige Amtsinhaber hat nichts ausgeschlossen: Weirich, seit 1989 im Amt und politisch im Lager der Unionsparteien verortet, will sich erst im Januar zur erneuten Kandidatur äußern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen