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Gärtnerin zum Bock gemacht

Die stellvertretende Landesbeauftragte für Datenschutz soll Chefin des Verfassungsschutzes werden. Alle Parteien loben Werthebachs Entscheidung als mutigen Schritt. Nur CDU äußert leises Unbehagen

von RALPH BOLLMANN

Bisher hat sie Daten geschützt, in Zukunft wird sie welche sammeln: Claudia Schmid, derzeit noch stellvertretende Landesbeauftragte für Datenschutz, soll neue Chefin des Berliner Verfassungsschutzes werden. Mit dieser Personalentscheidung, die der Senat heute absegnen soll, krönt Innensenator Eckart Werthebach (CDU) die Radikalkur, die er der skandalgeschüttelten Schlapphut-Truppe im Frühjahr verordnet hatte. Vertreter aller vier Parlamentsfraktionen begrüßten Werthebachs Wahl gestern als mutigen Schritt.

Der Datenschützerin wird allerdings ein Stellvertreter zur Seite gestellt, der in der Terrorismus- und Extremismusbekämpfung kein Neuling ist: Gemeinsam mit dem bisherigen Leiter des polizeilichen Staatsschutzes, Peter-Michael Haeberer, soll Schmid eine Doppelspitze bilden. An die Spitze des Geheimdiensts hätte Werthebach den Polizisten Haeberer ohnehin nicht stellen können, weil dieses Amt einem Juristen vorbehalten ist. Bei der Suche nach auswärtigen Bewerbern waren der Innensenator und seine Staatssekretärin Mathilde Koller (CDU) nicht fündig geworden.

Mit ihren Berliner Kollegen wollten die Verfassungsschützer aus anderen Bundesländern offenbar nichts zu tun haben – kein Wunder nach einer beispiellosen Pannenserie: Erst hatte die Behörde einen leitenden Polizeibeamten fälschlicherweise der Scientology-Mitgliedschaft bezichtigt, dann verlor das Amt einen dilettantisch geführten Prozess um die Beobachtung der „Republikaner“. Vor den tödlichen Schüssen am israelischen Konsulat versagte der Verfassungsschutz völlig und ließ anschließend belastende Akten im Reißwolf verschwinden. Zuletzt ließen die Beamten einen ehemaligen Stasi-Mann bei der PDS spitzeln.

Bei so viel Stümperei platzte dem Senator, einst Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz, der Kragen. Er löste im Frühjahr das eigenständige Landesamt auf und kündigte an, den Verfassungsschutz als Abteilung seiner Innenbehörde neu aufzubauen. Für das nötige Gesetz brauchte er allerdings die Unterstützung des sozialdemokratischen Koalitionspartners – und der verbucht die Reform an Haut und Haaren nun auch als eigenen Erfolg. Das gerade verabschiedete Gesetz garantiere, dass der Verfassungsschutz „so transparent wie möglich“ arbeite, sagte der SPD-Abgeordnete Klaus-Uwe Benneter. Die neue Chefin werde „diese Erneuerung verkörpern“.

Auch die Opposition hat an der Personalie nichts auszusetzen. Als „mutig“ wertete der PDS-Abgeordnete Steffen Zillich die Entscheidung für Schmid, „die wir erst mal nicht zu kritisieren haben“. Der bündnisgrüne Verfassungsschutz-Experte Michael Cramer sprach von einer „erstaunlichen Wendung“.

Der CDU-Abgeordnete Andreas Gram sagte, mit der Reform des Verfassungsschutz habe Berlin „wirklich etwas Modernes geschaffen“. Zugleich mahnte Gram jedoch, in Zweifelsfällen müsse die Behörde „dem Verfassungsschutz, nicht in erster Linie dem Datenschutz“ verpflichtet bleiben.

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