Kommentar: Falsche Libanesen
■ Echte Bremer
Ganz langsam kommt die Mär von den falschen Libanesen in der Mitte der Gesellschaft an. Hier eine Schulbank die leer bleibt, dort ein Kollege, der nicht mehr zur Arbeit kommt: Der Abschiebeapparat läuft, und bei den Bürgern macht sich sprachloses Entsetzen breit. Menschen, die jahrelang um ihre Integration gekämpft haben, ihre ganze Schulausbildung in Bremen absolviert haben und zum Teil sogar hier geboren sind, sollen plötzlich in ein fremdes Land verschwinden. Gegen jedes Rechtsempfinden gilt dabei die umgekehrte Baustellen-Warnung „Kinder haften für ihre Eltern“.
Schultes per „Focus“ wohlinszenierte Kampagne hatte den Blick darauf verstellt, dass es sich weder um hinterlistige Betrüger handelt, noch alle kurdischen Libanesen notorische Straftäter sind. Die Rede ist von Flüchtlingen, die ihre Chance gesucht haben. Nur ein Bruchteil hat die Wahl der Mittel dabei selbst zu verantworten. Der erste Widerstand regt sich naturgemäß, wenn es um minderjährige Kinder geht: Das Kollegium in der Hemelinger Schule Glockenstraße hatte nach der Abschiebung seiner Schüler protestiert. Die Mitschüler des kleinen Jussuf waren schneller und griffen vorher ein. Gut, dass sich jetzt auch Politiker mit den Geschichten hinter den Schablonen des Innenressorts beschäftigen – quer zu den Parteigrenzen. Eine menschliche Prüfung aller Umstände ist dringend geboten – auch, weil das rechtliche Konstrukt, das aus Libanesen Türken macht, äußerst wacklig ist. Jan Kahlcke
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