piwik no script img

Praxisnahe Flurgespräche

Das Grimme-Institut wird erwachsen und eröffnet 2001 eine Zweigstelle in Berlin

Da steht uns noch etwas bevor. Ein tägliches TV-Format nämlich, das in anderen Ländern von Kanada bis Griechenland schon sehr erfolgreich allabendlich die Zuschauer lockt. Das Konzept ist so knapp wie die Sendezeit: In fünf bis maximal sieben Minuten sieht man dann ein Pärchen in Alltagssituationen. Im Bett bei der x-ten Diskussion des Kinderwunsches (Kanada), beim Abwimmeln von Enzyklopädievertretern (Frankreich), mit Freunden beim Essen (Griechenland).

Das Ganze heißt in der englischen Version „Love Buds“, hat etwas von inszeniertem „Big Brother“ – und könnte tatsächlich auch in Deutschland funktionieren. Jedenfalls hat sich die Hamburger Produktionsfirma Polyphon nach Angaben der internationalen Rechtehandelsfirma Distractions schon mal eine Option auf das Format gesichert.

Die Präsentation von „Love Buds“ war Teil des „What’s next“-Seminars der Adolf-Grimme-Akademie (AGA) Anfang Dezember in Berlin, bei dem neue Trends der Fernsehunterhaltung debattiert wurden, und steht für den Aufbruch des renommierten Medieninstituts in die große Stadt: Ab 2201 ist die zum Adolf-Grimme-Institut gehörende AGA auch mit einer eigenen Dependance in Berlin vertreten.

Marl bleibt Basislager

Der Hauptstandort in Marl, sagt Institutsdirektor Hans Paukens, werde natürlich nicht aufgegeben und diene weiterhin als „Basislager“, auch der renommierte Fernsehpreis namens Grimme bleibt im nördlichen Ruhrgebiet. Doch „die Medienregion Berlin wird in den nächsten Jahren größeren Aufschwung erleben“, sagt Karl Wachtel von der AGA. „Dem wird man nur entsprechen könne, wenn man auch Fort- und Weiterbildung für die Branche, besonders für die Kreativen anbietet.“

Gerade im Bereich der privaten TV-Sender und Produktionsfirmen besteht hier hoher Bedarf, denn anders als die öffentlich-rechtlichen Anstalten leisten sich die kommerziellen Sender bis auf die vor wenigen Monaten gegründete RTL-Journalistenschule bislang keine nennenswerten Fortbildungseinrichtungen.

Mit journalistischer Ausbildung per Volontariat hat auch die AGA angefangen. Der Musikkanal Viva gehörte 1996 zu den ersten Kunden, ein Jahr später eröffnete die AGA dann in der Fernsehhauptstadt West ihr erstes Büro außerhalb von Marl.

In Berlin soll neben der Nachwuchsförderung vor allem die ständige Qualifizierung der „Königsklasse“ angestrebt werden: „Leute, die im Geschäft schon etwas zählen“, will Wachtel zu Foren und Seminaren wie„What’s next“ versammeln, um passgenau den Informationsaustausch in der Branche anzukurbeln. Nicht so sehr als steife Akademieveranstaltung, sondern eher als „Formalisierung des Flurgesprächs“. STG

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen