: Weniger Wachstum
DIW warnt Bundesregierung vor überzogenem Sparen. Prognose: Nur noch 2,5 Prozent Wachstum für 2001
BERLIN taz ■ Die deutsche Wirtschaft wird nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) langsamer wachsen als bislang prognostiziert. Die gestern in Berlin vorgestellte DIW-Prognose für 2001 geht nur noch von einem Wachstum von 2,5 Prozent aus. Im Dezember hatten die Wissenschaftler noch mit 2,7 Prozent gerechnet. Im Jahr 2000 lag der Anstieg bei rund 3 Prozent.
Für die nach unten korrigierte Konjunkturprognose machte DIW-Präsident Klaus Zimmermann vor allem die Europäische Zentralbank verantwortlich. „Mit ihrer Panikmache vor Inflation und der restriktiven Geldmarktpolitik hat sie das Wachstum merklich gebremst“, erklärte Zimmermann. Angesichts eines stärkeren Euros – das DIW sieht den Euro Ende 2002 bei 1,05 Dollar – und des sinkenden Ölpreises forderte der DIW-Präsident eine baldige Senkung des Leitzinssatzes um 0,5 Prozent. Dem widersprach gestern Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank: „Die EZB liegt mit ihren derzeitigen Zinsen ganz gut.“ Er rechne nicht mit einer baldigen Änderung des geldpolitischen Kurses der EZB.
Kritik richtete das DIW auch an die Arbeitgeber: Die Arbeitnehmer und der Staat hätten ihre Hausaufgaben zur Senkung der Arbeitslosenzahl inzwischen gemacht. „Mit moderaten, langfristigen Tarifabschlüssen und der Steuerreform steht Deutschland im Vergleich zu den europäischen Nachbarn sehr gut da“, so DIW-Konjunkturexperte Gustav-Adolf Horn. Jetzt käme es auf die Unternehmer an, ihren Beitrag zu leisten. Als Beispiele nannte er eine Initiative der Arbeitgeber für Teilzeitarbeit und neue Modelle zur Unternehmensbeteiligung für Beschäftigte. Nach DIW-Prognose wird die Arbeitslosenquote in Deutschland von 9,2 Prozent im vergangenen Jahr auf 8,5 Prozent in diesem zurückgehen. Die deutsche Volkswirtschaft bleibe damit aber „unterhalb des Möglichen“, so Horn.
Das Institut warnte die Bundesregierung vor überzogenem Sparen. Der Preis für den harten Kurs zeige sich „in einem teilweisen Verfall der öffentlichen Infrastruktur“. Eine Umschichtung der Mittel vor allem in den Bereich Bildung sei nötig. Das DIW plädiert dafür, die Kommunen als Hauptträger der öffentlichen Investitionen finanziell besser auszustatten. Horn: „Das ist etwa durch höhere Beteiligung an der Umsatzsteuer denkbar.“
Für die neuen Länder sieht das DIW keine Trendwende: Auch in den nächsten zwei Jahren könne das westdeutsche Wachstum nicht erreicht werden. Zwar nahm die Industrieproduktion im Osten weiter zu, doch setzte sich die Talfahrt der Baubranche fort. HOLGER DAMBECK
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