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Beim irakischen Staatsfernsehen in der ersten Reihe

Nicht nur Palästinenser klagen über tendenziöse Berichterstattung zum Nahost-Konflikt: Medien hätten bestenfalls eine „pseudo-neutrale“ Haltung

Anfang des neuen Jahrtausends bot der Nahe Osten wieder ein Bild des Schreckens. Die Morde an Binjamin Kahane, einem israelischen Siedlerführer, und Thabet Thabet, einem palästinensischen Arzt und Führiungsmitglied der Fatah-Bewegung, haben symbolischen Charakter. Der Umgang deutscher Medien mit den Gräueltaten allerdings auch.

Bild z.B. beließ es beim Abdruck des zerstörten „Familienbusses“, in dem Kahane und seine Frau starben, und erwähnte den palästinensischen Arzt erst gar nicht. Die Süddeutsche Zeitung brachte auf ihrer Titelseite die Bildunterschrift: „Die Gewalt gibt den Ton an: Palästinenser marschieren durch die Straßen von Beit Sahour im Westjordanland, um für die radikale Fatah-Bewegung zu demonstrieren.“ Und das Bild eines eindeutig von israelischen Soldaten festgenommenen orthodoxen Juden untertitelte 20 Minuten Köln: „Ein Jude, der beten wollte, wird von palästinensischer Polizei abgeführt. Bei der Berichterstattung der deutschen Medien über diese Intifada „sei Altvertrautes an Mustern und Vorurteilen gegenüber den Palästinensern feststellbar“, sagte Renee Abul-Ella, Deutschlandkorrespondentin der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa, kürzlich auf einer vom Deutschen Journalistenverband (DJV) und der Berliner Zeitung veranstalteten Podiumsdiskussion. Weder werde hinterfragt, was bewaffnete radikale Siedler auf palästinensischen Straßen so treiben, „noch kümmert man sich um die Tatsache, dass Jerusalem, völkerrechtlich gesehen, eine besetzte Stadt ist“.

Die meisten Araber in Deutschland bescheinigen den deutschen Medien bestenfalls eine „pseudo-neutrale“ Haltung.

Tatsächlich kommt die Kritik an der Berichterstattung der deutschen Medien nicht nur aus dem arabischen Lager. Auch führende Vertreter der Jüdischen Gemeinde in Deutschland haben die Berichterstattung der deutschen Medien über die gewaltsamen Auseinandersetzungen im Nahen Osten verurteilt. Ein Großteil der Berichte und Kommentare würde an „systematische Desinformation“ grenzen.

In Deutschland lebende Araber schalten daher lieber auf einen der zahlreichen Satellitensender mit klarer propalästinensischer Haltung. ANN aus London etwa – oder gleich das libysche oder irakische Staatsfernsehen. AKTHAM SULIMAN

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