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Rechte Hoffnungsnummer

Jerusalems Bürgermeister Ehud Olmert ist Fürsprecher eines orthodoxen und nationalistischen Israel

von GEORG BALTISSEN

Als der jüdisch-amerikanische Millionär Irvin Moskovitz 1998 unweit des jüdischen Friedhofs in Ras al-Amud im arabischen Ostjerusalem einen Bauplatz beanspruchte und ein Haus, das er gekauft hatte, für jüdische Siedler reklamierte, konnte er sich des Segens seitens des Jerusalemer Bürgermeisters Ehud Olmert sicher sein. Trotz Bedenken der Regierung Netanjahu sicherte Olmert den Siedlern in dem Haus ein juristisch fragwürdiges Bleiberecht zu und legitimierte so die Besetzung.

Dies ist nur ein Beipsiel unter vielen, denn nichts liegt diesem Herrn mehr am Herzen als die „Judaisierung“ Ostjerusalems. Er selbst sorgte dafür, dass nach arabischen Anschlägen und Morden an Jeshiva-Schülern in der Altstadt die Sicherheitvorkehrungen verstärkt und eine neue Polizeistation eingerichtet wurde. Den Ausbau von Siedlungen nach einem arabischen Anschlag hielt er sozusagen für ein unausweichliches Fanal. Es ist deshalb keineswegs Zufall, dass er sein Büro in der Vorwoche vorübergehend auf dem Platz vor der Klagemauer aufgebaut hat, um gegen den Friedensvorschlag von US-Präsident Bill Clinton zu demonstrieren, der den Palästinensern die Hoheit über den Tempelberg zusprechen möchte.

Im rechten Spektrum Israels ist Olmert deshalb gleich nach Benjamin Netanjahu, dem früheren Ministerpräsidenten, eine Hoffnungsnummer. Und er hat stets volles Verständnis für die orthodoxen und ultraorthodoxen Juden gezeigt, deren Anliegen er vertritt und die ihm auch seinen zweiten Wahlerfolg garantiert haben, ohne sich mit diesen gemein zu machen.

Olmert wurde erstmals am 2. November 1993 statt des legendären Teddy Kollek zum Bürgermeister Jerusalems gewählt, und das nach 45-jähriger Herrschaft der Arbeitspartei. Der eloquente Rechtsanwalt, der – der Orthodoxie zum Trotz – auch Schweinerippchen und Shrimps zu seinen Lieblingsessen zählt, sich unorthodoxerweise noch zu strafbewehrten Zeiten auch mit hohen PLO-Vertretern traf, verkörpert dennoch nicht mehr als eine modernistische Variante des zionistischen Revisionismus eines Ze’ev Jabotinsky, des Lehrmeisters von Menachem Begin und Jitzhak Shamir. Ein religiös-jüdisches Jerusalem bestätigte ihn 1998 mit absoluter Mehrheit im Amt. Keine Frage: Olmerts Chance wird noch kommen. Ein sich abzeichnendes fundamentalistisches Israel braucht eloquente Fürsprecher mit variabler Ideologie, im Kern rechts, konservativ, orthodox und nationalistisch. Genau dafür steht Ehud Olmert.

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