: Das Geschachere um die Punktwerte
Die Honorierung psychotherapeutischer Leistungen ist je nach Bundesland sehr unterschiedlich. In einigen Regionen bekommen die Psychotherapeuten nur wenige Pfennige für eine Sitzung. Bestimmt wird die Entlohnung von den 23 Kassenärztlichen Vereinigungen
Als Reichspräsident Paul von Hindenburg am 8. Dezember 1931 die Kassenärztliche Vereinigung ins Leben rief, da hatte er vor allem eines im Sinn. Er wollte die Ärzteschaft vor dem Mutwillen der Krankenkassen schützen. Mit der Gründung der Kassenärztlichen Vereinigung entstand eine selbst verwaltete Organisation der Kassenärzte, eine Interessenvertretung. Das ist sie bis heute geblieben.
23 Kassenärztliche Vereinigungen gibt es in Deutschland – jeweils zuständig für ein Bundesland bzw. für Teile eines Landes. Ordentliche Mitglieder sind sämtliche Ärzte mit kassenärztlicher Zulassung, dazu gehören seit 1999, mit Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes, auch die kassenärztlich zugelassenen Psychotherapeuten.
Die Vertreterversammlungen der einzelnen KVen benennen Mitglieder für die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die KBV. Deren Aufgaben sind unter anderem, die politischen Interessen der Ärzte auf Bundesebene zu wahren und die ärztliche Position bei Gesetzgebungsverfahren zu vertreten. Im Bewertungsausschuss handeln KBV-Vertreter gemeinsam mit Repräsentanten der Krankenkassen den so genannten Einheitlichen Bewertungsmaßstab aus – hier werden die abrechnungsfähigen Leistungen festgelegt und geklärt, in welchem Werteverhältnis sie zueinander stehen. Dabei werden Leistungen nicht mit konkreten Geldbeträgen, sondern in Punktzahlen bewertet.
Die Beträge kommen erst bei den Kassenärztlichen Vereinigungen ins Spiel. Nämlich wenn sie ihren Honorarverteilungsmaßstab aufstellen. Jeder Punkt wird mit einer bestimmten Pfennigsumme gefüttert. Die Psychologen kritisieren, dass ihre Punktwerte in allen KVen viel zu niedrig angesetzt sind. Denn obwohl ihnen das Bundessozialgericht vor zwei Jahren einen Mindestpunktwert von 10 Pfennigen, macht 145 Mark für die mindestens 50-minütige Therapiesitzung, zugestand, werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen durchschnittlich nur 7 Pfennige pro Punkt gezahlt, das sind 100 Mark pro Sitzung. Das gilt allerdings nur für genehmigungspflichtige Leistungen. Für Leistungen, die nicht genehmigungspflichtig sind, also Erstgespräche oder probatorische Sitzungen, bis die Therapiegenehmigung der Kasse vorliegt, wird weniger gezahlt. Im vergangenen Jahr beispielsweise wurden in Schleswig-Holstein für derartige, ebenfalls 50-minütige Leistungen Punktwerte von 0,01 bis 2.02 Pfennigen errechnet – also Stundenhonorare zwischen 14,5 Pfennig und 29,90 Mark. In Westfalen-Lippe gab es sogar Minus-Punktwerte: Die Therapeuten mussten Geld mitbringen, wenn sie arbeiteten. ANDREA SCHNEIDER
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