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Bahn AG vor Gericht

Wegen des Brühler Zugunglücks werden DB-Mitarbeiter angeklagt: Schlechte Ausbildung und Information des Lokführers, schlampige Planung

BERLIN taz ■ Die Staatsanwaltschaft Köln wird voraussichtlich vier oder fünf Mitarbeiter der Deutschen Bahn (DB) anklagen, die für das Zugunglück in Brühl vor gut einem Jahr verantwortlich sein sollen. Das berichtete der WDR gestern. „Es werden mehr als einer und weniger als sechs sein“, soll der zuständige Staatsanwalt gesagt haben. In der Nacht vom 6. zum 7. Februar 2000 war der D-Zug 203, unterwegs von Amsterdam nach Basel, an einer Baustelle beim Brühler Bahnhof entgleist. Neun Menschen starben, 150 wurden verletzt, mehrere Häuser beschädigt. Nach Angaben des Eisenbahnbundesamtes (EBA) entstand ein Sachschaden von 50 Millionen Mark.

Kommende Woche will die Kölner Staatsanwaltschaft ihre Anklage dem Landgericht Köln vorlegen. Angeklagt werden der Lokführer des verunglückten D-Zugs und drei oder vier Angestellte der Bahn-Tochter DB Netz. Letztere waren für die Anleitung zur Baustelle am Bahnhof Brühl verantwortlich. Der Anklageschrift liegt der Untersuchungsbericht des EBA zu Grunde.

In der Kurzfassung des Berichts, die der taz vorliegt, heißt es: „Die Entgleisung des D 203 wäre vermieden worden, wenn innerhalb des Bahnhofs Brühl die zulässige Geschwindigkeit von 40 km/h eingehalten worden wäre oder im Zusammenhang mit der Baumaßnahme eine technische Sicherung zur Geschwindigkeitsüberwachung des Zuges vorgesehen gewesen wäre.“ Stattdessen war der Zug mit 122 km/h ungewarnt in den Bahnhof eingefahren. Als er eine Weiche passierte, um auf der Gegenspur die Baustelle zu umfahren, sprangen die Lok, sechs Abteil- und drei Schlafwagen aus den Schienen.

Vor allem in drei Punkten erhebt das EBA Vorwürfe gegen die Bahn: Was die innerbetriebliche Fortbildung angehe, seien „Vorbehalte angezeigt“. Zwar haben die „verantwortlichen Führungskräfte der DB Reise und Touristik“ offenbar eine „Auffrischung der Kenntnisse des Lokführers“ für notwendig gehalten. Statt der geplanten Fortbildung habe im Sommer 1999 jedoch ein „Einsatz im Werkstattbereich“ stattgefunden, so das EBA.

Auch sei der damals erst 29-Jährige in der Unglücksnacht nicht über die Umleitung am Brühler Bahnhof unterrichtet gewesen. Statt auf eine angemessene Geschwindigkeit von 40 km/h abzubremsen, beschleunigte der junge Mann die Fahrt auf 122 – in bestem Glauben, nach Anweisung zu handeln: In seinem Fahrtbuch war für Brühl eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h verzeichnet.

Schließlich lässt der EBA-Bericht auf eine schlampige Baustellenplanung schließen. Verhängnisvollste Schlamperei: Neben der Weiche am Brühler Bahnhof stand kein Hauptsignal. So fehlte ein automatischer Bremsmechanismus, der sonst bei zu schneller Fahrt den Zug stoppt. Nach taz-Recherchen hatte ein Bahn-Mitarbeiter schon 1995 einen Vorschlag unterbreitet, wie die Zuggeschwindigkeit auch bei Fahrten auf der Gegenstrecke kontrolliert werden kann. Die Bahn hatte den Vorschlag damals abgelehnt.

KATHARINA KOUFEN

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