: Antreten zum Spielen
■ Antje Radckes Vorschlag zur Kindergartenpflicht stößt auf Ablehnung
Der Zwang soll richten, was gute Worte nicht schaffen: Antje Rad-cke, GAL-Vorstandssprecherin, hat in einem Interview im Abendblatt vorgeschlagen, eine Kindergartenpflicht ab vier Jahren einzuführen. So wäre gesichert, dass ausländische Kinder nicht erst in der Schule Deutsch lernen und auch deutsche Kinder schon vor ihrem sechsten Lebensjahr Bekanntschaft mit Stift oder Schere machen.
Die Behörde für Schule und Jugend hat verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Idee: „Das wäre ein ziemlicher Eingriff in die elterliche Freiheit“, sagt Sprecherin Frauke Scheunemann. Außerdem würden ohnehin 95 Prozent der Eltern ihre Kinder in einen Kindergarten schicken. „Die Ausländer machen sogar noch regeren Gebrauch.“ Die Behörde setze da lieber auf Motivation. Deshalb haben im Vorjahr noch die damalige Jugendsenatorin Rosi Raab und Hacki Keskin, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland, bei türkischen Eltern dafür geworben, ihre Kinder in den Kindergarten zu schicken, „denn niemand bestreitet, dass das pädagogisch sinnvoll ist“, sagt Scheunemann.
Weniger wohlwollend reagiert der Elternverein „Familien Power“ auf Radckes Vorschlag: „Politische Platzpatrone“ nennt Vereinschef Matthias Taube ihn. Er sei „ohne Substanz“ und „völlig unglaubwürdig“. Die auf Bundesebene nötigen Diskussionen darüber, ob die Vorschulerziehung Teil des staatlichen Bildungssystems werden sollte, habe Radcke in ihrer Zeit bei den Bundes-Grünen nicht geführt. Als Sprecherin der Hamburger Grünen sollte sie sich in die von der GAL seit Jahren mitverantwortete Kita-Politik einarbeiten, da werde sie „genügend Ansatzpunkte finden für nachhaltige Verschlechterungen“.
Hedi Colberg-Schrader vom Vorstand der Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten, freut an dem Vorschlag immerhin, dass er deutlich mache, wie wichtig der Kindergarten für Kinder ist – zum Spracherwerb sowie für das soziale Zusammenleben. Wichtig seien aber genügend Plätze und pädagogisch sinnvolle Konzepte. Ähnlich argumentiert Elimar Sturmhoebel vom Wohlfahrtsverband SOAL: „Für Integration und Sprachkompetenz braucht man mehr als vier Stunden pro Tag.“
Sandra Wilsdorf
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