: Mehr Freestyle für die Hochkultur
Die „HipHop Lyrik Lounge Berlin“ gibt sich heute Abend in der Volksbühne als Forum mit Sozialarbeiter-Touch
Deutscher HipHop ist im Jahre 2001 selbstverständlich geworden, und endlich findet auch Berlin überregional statt. Doch noch bevor die ersten Rapper oder Rapperinnen aus der Hauptstadt wirklichen Erfolg haben, werden bereits die ersten Institutionalisierungsversuche angeschoben und wird HipHop nun glücklich in den Hochkulturbetrieb aufgenommen.
Die Volksbühne, immer auf der Suche nach Anschlussstellen an die Populärkultur, öffnet heute alle verfügbaren Räume für die „HipHop Lyrik Lounge Berlin“, die erstmals 1998 im Prater veranstaltet wurde. Die „Präsentationsfläche neuer und bekannter HipHop-Projekte aus Berlin“, so die Veranstalter, nutzen zur Premiere nur einige wenige arrivierte Namen wie Das Department und Aziza-A, dafür aber auch Schnecke MC, die Metafa Mafia und anderer hoffnungsvoller Nachwuchs.
Dem guten alten Spirit verpflichtet, versucht man den Anschein zu erwecken, dies könnte ein Old-School-Jam sein: So sind Breakdance-Gruppen ebenso eingeladen wie Human Beatboxer, und All Colourz zeichnen gar für eine „Graffiti-Ausstellung“ verantwortlich. Im Roten Salon findet eine Freestyle-Battle statt, mit Berlins Vorzeige-Pimp-Rapper Kool Savas als Juryvorsitzendem.
Mehr als dreißig Projekte werden im ganzen Haus aktiv sein und um die 200 Mitwirkende auf den verschiedenen Bühnen stehen. Selten wohl dürfte sich eine günstigere Gelegenheit bieten, einen Überblick über wenigstens einen Teil der vielen verschiedenen Berliner Szenen zu bekommen.
Nun darf man nur noch gespannt sein, wie die Volksbühnen-Security das unvermeidliche Taggen in den Griff kriegen wird. So oder so: Die nächste „Lyrik Lounge“ ist bereits für den Ostermontag geplant, eine gewisse Regelmäßigkeit zumindest schon angedacht.
Die Volksbühne versteht die Veranstaltung auch als Vorbereitung und Testlauf für die ebenfalls geplante einwöchige „HipHop Sommerschule“, die für Anfang Juni projektiert ist. Dort soll von „Schulstunden in Musik“ und Vorträgen bis zur Battle alles stattfinden, was denkbar ist zum Thema HipHop. Der Ansatz ist eher ein sozialarbeiterischer, die Vorankündigung sieht HipHop als „höchst taugliches Medium jugendlicher Selbstbehauptung“ und hofft auf die „ausgleichende Indifferenz“ der Kultur, um die „inkorporierten Kleingruppen“ miteinander versöhnen zu können.
Während also Berlin immer noch auf seinen ersten echten Rap-Star wartet, wird weiter tapfer die Subkultur gepflegt. Das ist zumindest ehrenwert und auf jeden Fall angemessen: Schließlich ist ein guter Teil der Berliner Szene nun mal durch die Basisarbeit auf der Insel der Jugend oder im YAM von dieser Tradition geprägt. THOMAS WINKLER
Ab 20 Uhr in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Mitte, mit Das Department, Aziza-A, Stereoton, Star Eye, 12 Dingos, Lost in Madness, Limited Edition, All Colourz, KMA, Interflug, Mike Hektik, Esher, Das 11. Gebot, Jot, Kriz Amani u. v. a.
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