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Nach dem Erdbeben in El Salvador werden noch immer 4.000 Menschen vermisst. Bauunternehmer gesteht Mitschuld an fatalem Erdrutsch ein

SAN SALVADOR taz ■ El Salvadors Präsident Francisco Flores liebt die positiven Nachrichten. Schon drei Tage nach der Erdbebenkatastrophe vom vergangenen Samstag, sagt er, „kehrt das Land zur Normalität zurück“. Gern überlässt er es dem Nationalen Notstandskomitee, diese „Normalität“ zu beschreiben: Bis zum Dienstagnachmittag wurden 666 Tote geborgen. Rund 4.000 Menschen werden noch vermisst. 16.000 Häuser wurden zerstört, 45.000 schwer beschädigt. 44.000 Menschen wurden aus Gefahrenzonen evakuiert. Wegen der noch immer anhaltenden zum Teil heftigen Nachbeben werden weitere Erdrutsche und Einstürze befürchtet.

Allein in dem Stadtviertel Las Colinas in Santa Tecla (15 Kilometer westlich von San Salvador) wurden bislang mehr als 350 Tote geborgen. Dort hatte ein von dem Beben ausgelöster Erdrutsch fast 500 Häuser verschüttet. Anwohner vermuten, dass bis zu tausend Menschen ums Leben gekommen sein könnten. Die Regierung ordnete am Dienstagnachmittag an, die Suche nach Überlebenden einzustellen und das Gelände mit schwerem Gerät zu räumen.

Ein Expertenteam aus Taiwan hatte zuvor drei Stunden lang mit hochsensiblen Geräten nach Herztönen unter der bis zu vier Meter dicken Erdschicht gesucht, aber keine gefunden. Gefundene Leichen oder Leichenteile werden, wenn sie nicht nach spätestes drei Stunden identifiziert sind, in anonymen Massengräbern verscharrt.

Der Streit um die Ursachen des verheerenden Erdrutsches ging am Dienstag weiter. Das Gelände über Las Colinas war in den vergangenen Jahren gnadenlos abgeholzt worden, um Platz für luxuriöse Wohnviertel zu schaffen. Mehrere der beteiligten Baufirmen gehören prominenten Mitgliedern der rechten Regierungspartei ARENA. Umweltschützer werfen ihnen vor, sie hätten gewusst, dass die Hügelkette im Süden von Santa Tecla aus lockerem Gestein besteht, das beim Abholzen auch seinen letzten Halt verliert.

Ein Sprecher des Verbandes der Bauunternehmer gestand ein, dass man sich der Gefahr von Erdrutschen bewusst war. Das aber sei nicht sein Problem. „Wenn wir alle von der Regierung geforderten Bedingungen erfüllen, bauen wir auch“, sagte er. Die Regierung dagegen stritt jeden Zusammenhang zwischen Erdrutsch und Bautätigkeit ab.

Einzelne Gemeinden im Hinterland von El Salvador waren noch immer von der Außenwelt abgeschnitten und konnten nur mit dem Hubschrauber versorgt werden. Auch in zerstörten Dörfern, die leicht zugänglich sind, beschweren sich die Bewohner, dass sie noch immer keine Hilfe bekommen hätten. Vor allem fehlen Trinkwasser, Lebensmittel und Kleidung. In den Krankenhäusern werden Medikamente und Blutkonserven knapp. In den Auffanglagern für Obdachlose grassiert unter Kindern eine Durchfall-Epidemie. Doch dieses Problem ist älter als das Erdbeben. Bereits in den Wochen zuvor waren in El Salvador mehr als 7.000 Kinder von einem gefährlichen Durchfall-Virus befallen worden.

TONI KEPPELER

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