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Drei Milliarden Mark liegen in Öko-Fonds

Der Marktanteil der Öko-Anlagen ist in Deutschland nach wie vor gering. Gemessen am gesamten Investment, liegt man hier bei etwa 0,5 Prozent. In England und den USA gelingt es offenbar besser, die potenziellen Anleger anzusprechen. Repräsentative Befragung privater Anleger und Profis läuft gut

Private Anleger haben derzeit im deutschsprachigen Raum mehr als drei Milliarden Mark in ethisch-ökologische Fonds investiert. Trotz dieser beeindruckenden Zahlen ist der Marktanteil dieser Anlageformen in Deutschland nach wie vor gering und liegt bei etwa 0,5 Prozent.

In europäischen Nachbarländern sind die Märkte oft weiter entwickelt. Insbesondere in Großbritannien, den Niederlanden und Belgien werden erheblich höhere Summen als in Deutschland in ethisch-ökologische Geldanlagen investiert. Viele Fondsgesellschaften halten dort entsprechende Produkte für private Anleger bereit. Außerdem hat der Staat Anreize für Anleger geschaffen, in ethisch-ökologische Geldanlagen zu investieren. Spannend ist in diesem Zusammenhang beispielsweise die neue Gesetzgebung in Großbritannien, die die Veröffentlichungspflichten von Pensionsfonds betrifft. Seit dem 3. Juli 2000 müssen diese in ihrem „Statement of Investment Principles“ erklären, ob sie bei ihrer Anlagepolitik ethische Überlegungen miteinbeziehen und wenn ja, welche dies sind.

Diese gesetzliche Entwicklung entspricht einem Trend, der sich auch in den britischen Marktdaten zeigt: 44 Prozent aller Anleger in Pensionsfonds denken, dass der Fonds eine ethische Strategie haben sollte, wenn diese langfristig keinen finanziellen Schaden hervorruft. Was immer die Gründe für die unterschiedlichen Ausgangssituationen in verschiedenen europäischen Märkten sind: Es scheint in manchen benachbarten Ländern besser zu gelingen, die potenziellen Anleger anzusprechen, als es derzeit in Deutschland geschieht. Hier sind die Informationsmöglichkeiten für private Anleger nach wie vor begrenzt, und es ist noch weit gehend unerforscht, was den deutschen Privatanleger tatsächlich interessiert. Wie attraktiv schätzen die Anleger ethisch-ökologische Geldanlagen ein? Sind sie glaubwürdig und sicher? Welchen Bekanntheitsgrad haben diese Finanzprodukte in der Bevölkerung? Sind die Anleger mehr an Unternehmen interessiert, die sich im Umweltbereich hervortun oder die gute Sozialleistungen anbieten oder beides? Welche Erfahrungen wurden mit solchen Geldanlagen gemacht? Was hindert die Anleger daran, in solche Geldprodukte zu investieren? Wo bestehen Anknüpfungspunkte für die weitere Marktentwicklung?

Diese Fragen zu beantworten und Ansatzpunkte für eine Marktentwicklung aufzuzeigen, ist ein wichtiges Anliegen des vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekts „Investorenentscheidungen als Determinanten nachhaltiger Unternehmensführung“. Das Projekt wird vom Institut für Markt Umwelt Gesellschaft e.V. (imug) in Hannover und dem dortigen Lehrstuhl für Markt und Konsum der Universität mit Professorin Ursula Hansen durchgeführt. Es besteht aus drei Teilprojekten: Marktpotenzialanalyse, Nachhaltigkeitsbewertung und Kommunikationswege. Es ist auf drei Jahre angelegt. In dem ersten Teilprojekt stehen die Analyse und Bewertung der Angebotsstruktur, des Nachfragepotenzials und der aktuellen Trends in der Marktentwicklung. In dem zweiten Teilprojekt sollen sozial-ökologische Bewertungsverfahren analysiert und bewertet werden. Die Entwicklung von Kommunikationsinstrumenten im dritten Teilprojekt bildet den Abschluss des Projekts.

Derzeit führen die beteiligten Institute eine repräsentative Telefonbefragung bei 1.000 privaten Anlegern in Deutschland durch. Im Rahmen eines 15 Minuten dauernden Telefonats wird zunächst nach dem Kenntnisstand zu Geldanlagen allgemein und zu ethisch-ökologischen Geldanlagen im Besonderen gefragt. Anschließend geht es um die Einstellungen und Meinungen zu solchen Geldanlagen, insbesondere darum, wie ethisch-ökologische Fonds von den Befragten eingeschätzt werden und welche Themen für die Befragten von besonderer Bedeutung sind. Ist es eher der Verzicht auf Kinderarbeit, auf Gentechnik, oder sind es die Umweltleistungen, die Frauenförderung oder das Engagement für die Rechte von Minderheiten, die für die Befragten bei der Wahl des Fonds eine wichtige Rolle spielen?

Ferner ist das tatsächliche Verhalten von Interesse: Haben die Befragten schon mal in ethisch-ökologische Fonds investiert, und welche Erfahrungen haben sie damit? Wo liegen die Hemmnisse auf der Nachfragerseite? Und welche – sofern es verschiedene Fonds-Alternativen gibt – sind mehr gefragt: die mit der hohen Rendite, dem geringen Risiko und keinem sozial-ökologischen Engagement oder eher einer geringen Verzinsung, einem mittleren Risiko und einem hohen sozial-ökologischen Engagement?

Bei der laufenden Telefonbefragung hat die Interviewer überrascht, dass die angesprochenen zufällig ausgewählten Personen in der Regel sehr auskunftsfreudig sind. Alle Befragten sind vor dem Interview schriftlich über den Hintergrund und die Zielsetzungen der Befragung informiert worden. Weiterhin stellten die Interviewer fest, dass sich in der bundesdeutschen Bevölkerung mehr „Experten“ für ethisch-ökologisches Investment verstecken als vermutet. Einige der Angerufenen waren sogar ungewöhnlich gut informiert und konnten mit detaillierten Anlagestrategien dienen.

Eine erste repräsentative Untersuchung von 1999 des imug hat ergeben, dass immerhin 26 Prozent aller Befragten interessiert an solchen Geldanlagen sind, auch wenn der Gewinn geringer ausfallen sollte als bei konventionellen Anlageformen. Das Interesse an solchen Anlageformen war da schon gestiegen – 1996 waren es nur 17 Prozent aller Befragten.

Im Frühjahr wird das imug dann Experteninterviews mit institutionellen Investoren durchführen. Das Institut hofft, mit seinen Forschungen einen Beitrag zur weiteren Entwicklung des Marktes zu leisten, mit der die deutschen Anleger bekommen, was ihre europäischen Nachbarn schon kennen: ein differenziertes Angebot, mit dem sie ihre ethische Position in den Finanzmärkten sichtbar machen können und damit wirtschaftlich erfolgreich sind.

KIREIN FRANCK/KATHRIN KLAFFKE

Erste Ergebnisse dieser jüngsten Befragung werden auf der Messe „Grünes Geld“ am Stand von imug in Halle 15 vorgestellt (15. 2. – 3. 4.). Weitere Interviews, insbesondere mit erfahrenen Anlegern, werden auf der Messe stattfinden. Anleger, die für ein etwa 15-minütiges Gespräch zur Verfügung stehen, sind herzlich willkommen.

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