piwik no script img

Kampf der Verdränger

■ Gegen die „offene Drogenszene“: BGS verstärkt das Personal in Hamburg

Für Hamburgs Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) ist das „modifizierte Handlungskonzept St Georg“ zur Bekämpfung der „offenen Drogenszene“ ein voller Erfolg. „Durch die Maßnahmen konnte die Polizei sichtbare Belas-tungen an den Brennpunkten weiter reduzieren“, sagte der Senator gestern auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundesinnenminister Otto Schily (SPD).

Seit September vorigen Jahres tummeln sich Hamburger Polizis-tInnen der „Drogeneinsatzgruppe“ als mobile Präsenz- und Reaktionseinheiten an Orten, wo Junkies anzutreffen sind, um sie zu vertreiben. Allerdings mit dem Erfolg, dass sich die Dealerszene in S-Bahnen und auf Bahnhöfe verlagert hat, wo Schily und sein Bundesgrenzschutz (BGS) einspringen müssen: „Wir können nicht zulassen, dass sich örtliche Zustände“ – der Minister meint damit die Drogenszene – „im Sicherheitsbereich des Bundesgrenzschutzes verfestigen, sondern die müssen zurückgedrängt werden.“

Im Rahmen der „Sicherheitskooperation“ zwischen Hamburgs Polizei und dem BGS wurde 1999 eine verstärkte Zusammenarbeit vereinbart. Trotz der Präsenz von 30 BGSlern in S-Bahnen und auf Bahnhöfen stieg im Jahr 2000 in Hamburg die Anzahl der Straftaten von Beschaffungskriminalität gegenüber dem Vorjahr auf 1600 Delikte. Verantwortlich für diese Entwicklung wird der „verstärkte Verfolgungsdruck auf die Szene“ gemacht.

Um diese wieder aus den Bahnen zu verbannen, hat Schily eine Ratzeburger BGS-Hundertschaft mit 118 BeamtInnen „auf unbestimmte Zeit“ für Hamburg abgestellt. „Wir können das Problem nicht bei den Benutzern der S-Bahn ablagern“, gesteht Wrocklage und setzt nun im Gegenzug wieder auf Aufrüstung. Polizei-Mitte-Chef Dietmar Kneup-per. „Die Hamburger Polizei hat sich darauf vorbereitet, dass es nun umgekehrt einen Verdrängungseffekt gibt.“

Roger Kusch, Sicherheitsberater Ole von Beusts (CDU), findet zwar mehr Polizei immer gut, bewertet aber die Maßnahme als erfolglos. So lange die geschätzten 10.000 Drogenabhängigen nicht als „potenzielle Straftäter“ eingestuft werden, „begeht die Polizei nutzlose und törichte Dinge, weil die Justiz nicht mitzieht“. Kai von Appen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen