Brustkrebs-Screening
: Demagogie mit Zahlen

■ Die Ärztekammer lud zur kontroversen Debatte über Früherkennung

Rund 120 Interessierte sind am Wochenende der Einladung der Bremer Ärztekammer gefolgt, um über das Bremer Modellprojekt Brustkrebs-Screening zu debattieren. Insbesondere niedergelassene GynäkologInnen wollten wissen: „Was sollen wir sagen, wenn Frauen fragen, ob wir die Teilnahme am Screening empfehlen?“

Die Antwort drängt, denn schon bald werden die ersten von rund 70.000 Bremerinnen zwischen 50 und 69 Jahren eingeladen, an der auf drei Jahre befristeten, zehn Millionen Mark teuren Röntgenreihenuntersuchung teilzunehmen. Doch nach der Veranstaltung blieb nur der kritische Rat der Buchautorin und Referentin des Tages, Prof. Ingrid Mühlhauser. „Es gibt nach Studien unterschiedliche Aussagen darüber, ob ein Mammographie-Screening als Früherkennungsmaßnahme mehr Frauen vor dem Brustkrebstod bewahrt. Das muss man den Frauen sagen.“

Die Hamburger Medizinerin hatte zuvor spannend darüber referiert, wie mit medizinischen Daten manipuliert wird; eine Frage, die die Fachwelt im Zuge der bevorstehenden Einladungen an die Zielgruppe umtreibt – und mit deren Beantwortung Mühlhauser auch einigen Unmut bei Initiatoren und Betreibern des Modellprojekts auslös-te. Die warfen ihr prompt „falsche und demagogische“ Darstellung vor, nachdem Mühlhauser deutlich gemacht hatte, dass die für Informationszwecke überwiegend benutzten Daten irreführend gewählt würden.

So werde allgemein berichtet, dass die Brustkrebs-Sterblichkeit als Folge der Mammographie-Früherkennungs-Untersuchungen nach fünf bis sechs Jahren um rund 25 Prozent sinken würde. Dies klinge nach enorm viel – beziehe sich aber auf die relativ kleine Zahl von Frauen, deren Überleben auf den frühen medizinischen Eingriff nach einer Früherkennung des Krebses zurückgeführt werde. Man könne die Wirkung von Mammographie-Screenings aber auch anders darstellen: „Von 1.000 Frauen mit Mammographie-Früherkennungsprogramm über zehn Jahre haben 999 keinen Nutzen, da sie auch ohne Mammographie-Früherkennungs-Untersuchungen nicht an Brustkrebs gestorben wären (996 Frauen) – oder weil sie trotz Früherkennung an Brustkrebs sterben (drei Frauen).“ Über diese und andere Fakten klärt auch ihr Buch (s.u.) auf.

Entsprechend emotional verlief die Debatte darüber, wie das an der St.-Jürgen-Klinik angegliederte Modellprojekt informieren muss, damit Frauen sich für oder gegen die Teilnahme entscheiden können. Die Entscheidung der Gesundheitsbehörde darüber, wo eine geplante unabhängige Beratungsstelle angesiedelt wird, ist unterdessen noch nicht gefallen. Insbesondere Frauengruppen hatten sich dafür immer wieder eingesetzt, dass das Modellprojekt selbst Teinahmezahlen von mindestens 70 Prozent der Zielgruppe voraussetzt, damit auch wissenschaftlich aussagekräftige Daten erhoben werden können. ede

Informationen zum Vortrag auch unter www.mammographie-screening-online.de

Das Buch zum Vortrag von Ingrid Mühlhauser ist im Verlag Kirchheim erschienen. Ingrid Mühlhauser und Birgitt Höldke: Brustkrebs-Früherkennungs-Untersuchung, 35 Mark.