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Braune Pannenhelfer

Hilfsclub des verbotenen Nazi-Trupps „Hamburger Sturm“ bleibt unbehelligt  ■ Von Peter Müller und Andreas Speit

Seit 10. August vorigen Jahres ist der Neonazi-Kampftrupp „Hamburger Sturm“ verboten, nicht aber der „Funk-Hilfs-Club Bramfeld 93 eV.“ In der Verbotsverfügung der Hamburger Innenbehörde wird der Club zwar ausführlich gewürdigt. Denn dessen Postfach galt als Kontakt- und Vertriebsadresse für die Publikationen des „Hamburger Sturm“. Und dessen Führer bilden seit Jahren den Club-Vorstand. Dennoch wurden die Hilfs-Funker vom Verbot ausgenommen und dürfen unbehelligt weitermachen: „Die Verbotsverfügung war ohnehin schwierig gestrickt“, begründet Reinhard Wagner, Chef des Hamburger Verfassungsschutzes (VS), die Zurückhaltung.

Dass es sich beim „Funk-Hilfs-Club“ um keinen Hobbyfunkerverein oder sogar – wie es in der Satzung steht – um eine ADAC-Doublette handelt, weiß auch der VS. Laut Statuten ist der Club nur darauf ausgerichtet, „das Bewusstsein der Bevölkerung für rasche Bürgerhilfe bei Kraftfahrzeugpannen, Verkehrsunfällen und sonstigen Vorkommnissen im Straßenverkehr zu schärfen“. Im Vorhandy-Zeitalter, als Mobiltelefone noch aus unhandlichen Kästen bestanden, war es aber eher ein Versuch, offiziell Amateurfunklizenzen zu ergattern, um per CB-Funk bei Aktionen mobil zu sein.

Gegründet wurde der Verein bereits 1993 von Kadern aus dem Umfeld der „Nationalen Liste“ (NL). Zu den Gründungsmitgliedern gehörten Thorsten Bärtel und Torben Klebe, spätere Köpfe des „Hamburger Sturm“. Das Kontakt-Büro war eine Wohnung in der Bramfelder Chaussee, in der zeitweilig Tobias Thiessen wohnte, der heute zum harten Kern des „Aktionsbüro Norddeutschland“ zählt.

Damals herrschte zwischen den NL-Chefs Thomas Wulff und Christan Worch sowie Bärthel ein massiver Richtungskampf. Während Worch & Co weiterhin auf die tradionellen Neonazistrukturen setzten, wollte die Bramfelder Gruppe um Bärthel die rechte Skinheadszene stärker in Aktionen eingebunden wissen.

Das NL-Verbot 1995 störte daher die Bramfelder nicht. Schon 1994 organisierte die Bärthel-Gruppe, die sich zunächst „Bramfelder Sturm“ nannte und eine gleichnamige Publikation herausgab, eigenständig Aktionen – unter anderem waren Leute aus der Kameradschaft am Psycho-Terror gegen den Pastor Klaus Jähn beteiligt. Dieser hatte sich für Ausländer im Stadtteil eingesetzt und einen Dritte-Welt-Laden betrieben.

Der Verein selbst ist laut VS-Chef Wagner allerdings nie „aggressiv“ in Erscheinung getreten. „Unsprünglich wollten die wohl tatsächlich bei Autorennen mal ein paar Mark verdienen“, sagt Wagner. Der Versuch des Clubs, als gemeinnützig anerkannt zu werden, scheiterte allerdings.

Während anfangs der Vorstand des Funk-Hilfs-Club noch aus eher unverfänglichen Personen bestand, ließ sich bei der letzten offiziellen Wahl im April 1999 Thorsten Bärtel selbst zum 1. Vorsitzenden wählen und seine Lebensgefährtin Jennifer Meyer zur Schatzmeisterin bestellen. Trotz der Personalunion und der Verflechtungen zwischen „Hamburger Sturm“ und „Funk-Hilfs-Club“ sieht der VS keinen Handlungsbedarf. „Der Verein schlummert so halbtot vor sich hin“, sagt Wagner. „Außerdem sind wir keine Verbotsbehörde.“

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