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: Vom Nichtausgehen an klassischen Ausgehtagen

Tapfer auf dem Sofa

Das Jahr ist nun schon 26 Tage alt und noch immer ist nichts Entscheidendes passiert. Tatsächlich sieht es momentan sogar danach aus, als würde auch in nächster Zeit nichts passieren, was natürlich ein in jeder Hinsicht bedenklicher Zustand ist. Zwar ist es nicht so, dass man unbedingt am „Nightlife“ teilnehmen will und muss, andererseits möchte man aber immerhin daran teilnehmen wollen können. Doch dazu müsste ein Angebot her, das die Bezeichnung Angebot überhaupt verdient. Das ist aber nicht da, und das ist das Problem. Wagen wir an dieser Stelle eine Bestandsaufnahme und konzentrieren uns dabei auf den Bezirk Mitte, weil der Rest ohnehin schon seit geraumer Zeit nicht mehr zählt. Nehmen wir dafür aus aktuellem Anlass den Freitag.

Der Freitag ist der klassische Ausgehtag, weil es schon seit längerem vernünftig ist, sich dem Sonnabend zu verweigern. Weil sonnabends alle ausgehen, bleibt man am Sonnabend lieber daheim. Und sonntags ist bald schon wieder montags und montags muss man unter Umständen arbeiten. Dienstags könnte man ins Cookies gehen, doch dann verschiebt man das Vorhaben lieber auf den Donnerstag. Mittwochs gibt es traditionell nichts zu tun, überhaupt beginnt man am Mittwoch, sich übers Wochenende Gedanken zu machen.

Der Mittwoch braucht daher Ruhe und Einkehr. Am Donnerstag erinnert man sich dann an das Vorhaben von Dienstag, doch irgendwie hat man plötzlich wahlweise keine Lust, etwas Besseres vor oder Kopfschmerzen. Dann ist Freitag. Weil man die ganze Woche noch nicht aus war, MUSS man also freitags ausgehen. Aufgrund des Leistungsdrucks überfällt einen dann eine leichte Panik. Es ist ein Teufelskreis. Deklinieren wir die Möglichkeiten durch. Der an dieser Stelle so häufig und kontrovers diskutierte Pogo-Club hat seit wenigen Wochen vorübergehend geschlossen und eine tiefe Lücke in das so genannte Angebot gerissen. Der Club 103 bietet all jenen, die am Dienstag oder Donnerstag nicht im Cookies waren, die Chance, dies am Freitag unter veränderten Bedingungen nachzuholen; bei anderer Musik, in einer anderen Location, aber dem gleichen, unnachahmlichen „Feeling“ gepflegter Erwachsenenunterhaltung. Wer am Dienstag und Donnerstag allerdings nicht im Cookies war, hatte dafür wahrscheinlich seinen Grund, weswegen der Club 103 an dieser Stelle nicht als Möglichkeit in Frage kommt.

Das WMF bietet freitags vermutlich schon seit mehreren Jahrzehnten den handelsüblich staubigen Drum & Bass und seine vergleichbar spaßarmen Variationen. Natürlich kann man in der Lounge schön sitzen, aber schön sitzen kann man überall. Im Rive Gauche war noch nie jemand, den wir persönlich kennen, und wir lehnen im Falle dieses Falles die Avantgarderolle dankend ab. Wir müssen hinzufügen, dass wir nicht einmal wissen, ob es das Rive Gauche überhaupt noch gibt. Die Clubneugründung T 34 erscheint schon aufgrund der Außen-„Lightshow“ als ein ästhetisch bedenkliches Etablissement, so weit reicht unsere Neugier nicht, dass wir auch gern ins Innere wollten.

Man könnte an dieser Stelle einwenden, dass wir den Tresor vergessen haben. Aber haben wir das wirklich getan? Die zahllosen Cocktailbars fallen jedenfalls aus dem Rahmen der Betrachtung. Was bleibt, ist nichts, rein gar nichts sozusagen. Fassungslos schauen wir auf ein Sortiment aus kaltem Spaß und schalem Vergnügen und bleiben bis nächsten Freitag weiter tapfer zu Haus.

HARALD PETERS