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Die Regierungsmannschaft ist nach Djindjić’ Geschmack

Der Altersdurchschnitt des neuen Kabinetts beträgt 44 Jahre. Viele der 24 Minister waren vor dem Milosevic-Regime geflohen. Nun sind sie dem Ruf Djindjić’ gefolgt

BELGRAD taz ■ Es war ein großer Tag für die Demokratische Opposition Serbiens (DOS). Die siegreiche Koalition aus 18 Parteien und Bündnissen hat gestern in Belgrad die serbische Regierung konstituiert und damit der Zeit der Gesetzlosigkeit, Konfusion und ungeregelten Machtverhältnisse in Serbien endlich ein Ende gesetzt. Erst jetzt geht es richtig los, erst jetzt können politische und wirtschaftliche Reformen angepackt werden. Eine neue Ära hat begonnen, konnte man von Abgeordneten im serbischen Parlament hören.

Die DOS hat bis jetzt allen Versuchungen widerstanden. Sie hat eine Lynchjustiz in Serbien nach der Entmachtung von Slobodan Milošević verhindert, und sie hat die Machtübernahme geduldig im Rahmen der staatlichen Institutionen und des rechtlichen Systems durchgeführt. Damit haben die neuen Herren Serbiens gleich zu Beginn ihrer Regierungszeit neue, demokratische Regeln etabliert.

„Unsere wichtigsten Ziele sind die Stabilisierung der demokratischen Institutionen und der Beziehungen zwischen Serbien und Montenegro“, hat Ministerpräsident Zoran Djindjić erklärt. Zu den primären Aufgaben seiner Regierung wird auch die Rückkehr der serbischen Flüchtlinge in den Kosovo gehören, außerdem die Entschärfung der Lage in Südserbien, der Aufbau eines unabhängigen Justizsystems und die Wiederbelebung der ruinierten Wirtschaft.

In gewisser Weise stellt die DOS gleichzeitig Regime und Opposition dar. Obwohl sie eine Zweidrittelmehrheit im serbischen Parlament hat, sind einzelne Fraktionen untereinander zerstritten – was sich für die Demokratisierung Serbiens als vorteilhaft erweisen könnte, wenn die Koalition lange genug hält. Premier Djindjić vergab als Obolus an die komplizierte Zusammensetzung der DOS sieben Ämter von Vizepremiers an Parteiführer aus diesem Zusammenschluss.

Das ist aber auch sein einziges Zugeständnis. Ansonsten ist die Regierung ganz nach seinem Geschmack. Siebzehn Fachminister gelten als hervorragende, meist junge, international anerkannte Experten – im Durchschnitt sind sie 44 Jahre alt –, die teilweise vor dem Regime Milošević geflohen waren und nun dem Ruf von Djindjić gefolgt sind, „das Meisterstück der serbischen Wiedergeburt“ zu vollbringen. Finanzminister Bozidar Delić (35) etwa hat in Paris promoviert und war bis vor kurzem bei der Wirtschaftsberatungsfirma McKinsey, in deren Auftrag er an der Privatisierung der Wirtschaft in Russland und Polen tätig war. Der Minister für Privatisierung, Aleksandar Vlahović (37) ist ebenfalls Wirtschaftsexperte. Er war bislang von großen amerikanischen und europäischen Firmen in Osteuropa eingesetzt. Und Außenhandelsminister Goran Pitić (39) studierte in England und Kanada.

Milošević’ Serbien war ein Land der Korruption und schmutzigen Geschäfte. Mit den jungen Kräften in der serbischen Regierung will Djindjić das Land in ein neues Zeitalter führen.

ANDREJ IVANJI

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