: Das Uran im Herzen der 68er
Ihre Berichte über den Einsatz von Uranmunition in Jugoslawien zeigen den moralischen Niedergang der „68er“. Entstand nicht diese Bewegung als moralischer Protest gegen den amerikanischen Vietnamkrieg? Beteiligten sich nicht viele ihrer Politiker in Mutlangen an den Sitzblockaden gegen die Raketennachrüstung der Nato? Aber kaum an die Macht gelangt, befahlen sie die Teilnahme am Luftkrieg gegen Jugoslawien. Kompetente Völkerrechtler bezeichneten diesen als Angriffskrieg gegen einen souveränen Staat. Außenminister Fischer, angeblich Gegner jeder Gewaltanwendung, rief bedenkenlos zu diesem Kreuzzug auf. Um die Bevölkerung darauf einzustimmen, verbreitete Rudolf Scharping klassische Greuelpropaganda von den durch jugoslawische Soldaten aufgeschlitzten Bäuchen schwangerer Kosovo-Frauen.
[...] Schwärmen die 68er nicht von Fernenliebe und internationaler Solidarität? Die Gefährdung jugoslawischer Zivilisten, insbesondere Kindern, durch hochgiftige Uranstäube nahmen sie jedoch billigend in Kauf. Die 68er kündigten an, mehr Moral in die Politik zu bringen. Macht korrumpiert. Selten ging das so schnell wie bei den grünen und roten 68ern. BRUNO HAKE, Wiesbaden
betr.: „Kosovokrieg wird verdrängt“ (Winfried Nachtwei), taz vom 3./4. 2. 01
Heute sind die „grünen“ Kriegsbefürworter nicht einmal mehr bemüht, die Nato-Intervention mit dem menschenrechtlich gebotenen Schutz der bedrängten kosovarischen Bevölkerung zu verklären. Die neuen Kriegsbegründungen klingen nüchterner und sie sind geostrategischer Natur: „. . . wir wollten die drohende Destabilisierung der ganzen Region verhindern“, so Winfried Nachtwei im taz-Interview. Das bedeutet aber nichts anderes, als dass es sich im so genannten Kosovokrieg um eine präventive Militärintervention zur vermeintlichen „Gefahrenabwehr“ gehandelt hat, wie sie dem neuen strategischen Konzept der Nato entspricht. In demselben sind explizit regionale Krisen an der Peripherie des Bündnisses, Unterbrechung der Zufuhr lebenswichtiger Ressourcen und unkontrollierte massenhafte Bevölkerungsbewegungen als Risikopotenziale der weit gefassten Sicherheitsinteressen der kapital- und militärmächtigen Staaten (Nato) benannt. Der „Kosovokrieg“, von Intellektuellen als militärischer Humanismus der Nato veredelt, dürfte insofern nur ein bitterer Vorgeschmack auf die zukünftigen Kriseninterventionen einer „militarisierten Außenpolitik“ gewesen sein. Ein militärischer Interventionismus, der wie der „Kosovokrieg“ mit keinem Verteidigungszweck mehr einhergeht, ist ein offenkundiger Bruch mit der Verfassung, was die Verdrängungsleistungen der Parlamentarier vielleicht zu erklären vermag. [...] DIRK VOGELSKAMP,
Komitee für Grundrechte und Demokratie
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