Workshop Nr. 11: Die TeilnehmerInnen

Die TeilnehmerInnen des Workshops „Unser Europa“.

Die TeilnehmerInnen. Bild: Anja Weber

Bei der Auswahl der TeilnehmerInnen wird darauf geachtet, dass eine interdisziplinäre Gruppe mit unterschiedlichen Vorkenntnissen im Journalismus entsteht. JedeR kann sich bewerben. Die je zehn Frauen und Männer pro Workshoptermin sind zwischen 18 und 28 Jahre alt und kommen aus allen Regionen Deutschlands und aus dem Ausland.

Mareike Zoege, 21 Jahre, aufgewachsen in Hannover, heute Studentin der Politikwissenschaft und Skandinavistik in Göttingen. Seit fünf Jahren Autorin und später Mitarbeiterin der ZiSH-Jugendredaktion (Hannoversche Allgemeine Zeitung). Zwischen Abi und Uni war ein Jahr lang Zeit für Praktika und drei Reisemonate im wunderschönen Schweden.

Unser Europa? Viel mehr als Krisengipfel und Gurken-Norm. Als EU-Bürgerin bin ich privilegiert und darf überall in Europa reisen, wohnen, studieren und arbeiten - und fühle mich eher auf einem Kontinent als in einem Land zu Hause. Doch nach außen wird brutal darauf aufgepasst, dass Europa unser Europa bleibt.

Nikolai Schreiter Realität wird gemacht. Abitur, Freiwilligendienst, Maschinenbaustudium, Bayerischer Flüchtlingsrat, Studium Internationale Entwicklung und Politikwissenschaft, das sind meine Realitäten aus 23 Jahren. Hängen geblieben bin ich auf der letzten, mit Lesen, Weiterdenken und Diskutieren. Ich schreibe Artikel, mache Politik und finde, dass es an der Zeit ist für Freiheit von Herrschaft. Wie machen wirs?

„Unser Europa" ist ein Europa der Nützlichkeit, ein Europa der Hierarchien und des Kapitalismus. Wer darf rein, wer kann studieren, wer muss lohnarbeiten, wer darf nicht? Solange Menschen „illegal" sein können, Bildung Privileg ist und die Menschen unfrei sind, ist es nicht mein, nicht unser Europa.

Gerit-Jan Stecker, 28 Jahre alt und aus Leipzig. Vor kurzem habe ich mein Studium der Philosophie, Geschichte und Journalistik abgeschlossen. Habe mich gesellschaftspolitisch engagiert, Musiker gespielt, im Museum, mit Kindern, bei der Post, in der Marktforschung, mit KünstlerInnen oder bei der Zeitung gearbeitet. Dabei war immer ein Ziel, Journalist zu werden. Fachgebiet: Prekariat.

„Unser Europa" – wessen Europa und welches überhaupt? Schwer, jetzt Allgemeinplätze zu vermeiden. Doch wer ohne EU-Pass hier lebt, lebt oft in einer Welt, die sich EU-BürgerInnen nicht vorstellen können. Welten, die direkt nebeneinander existieren. An der Frage nach den Rechten hängt so vieles.

Claire Fastner Als 24-jährige Journalismusstudentin aus Bayern, die oft zwischen München, Dublin und London pendelt, habe ich natürlich viel zum Thema „Unser Europa" zu sagen. 19 Jahre habe ich im bayerischen Voralpenland verbracht, danach ging ich für zwei Jahre nach Irland, in das Heimatland meiner Mutter, um dort bei Microsoft in Dublin zu arbeiten.

Kurz vor dem Aus des „Celtic Tigers" entschied ich mich, in die eurofreie Zone England zu ziehen. Momentan bin ich im letzten Semester an der Middlesex University im Norden Londons und kann mich nicht entscheiden, wohin es nach meinem Studium gehen soll. Gibt es in Europa vielleicht doch ein „Euer Europa" und ein „Unser Europa"? Diese Frage drängt sich regelrecht auf, wenn man David Camerons Entscheidung im „nationalen Interesse"  und gegen einen Fiskalpakt betrachtet.

Markus Pfalzgraf Ich bin 27 Jahre alt – ein gefährliches Alter, aber nur für Rockmusiker. Zum Glück habe ich nicht vor, in diesem Jahr ein Debütalbum aufzunehmen. Gerade habe ich mein Politikstudium abgeschlossen und in meiner Magisterarbeit Parteienforschung betrieben. Nebenbei schreibe ich für Magazine und Zeitungen, außerdem arbeite ich als Videonachrichtenredakteur.

Bis Europa wirklich unser Europa ist, muss noch viel passieren. Menschenrechte stärken statt Grenzkontrollen. Demokratiedefizit abbauen statt Zensur einführen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer retten statt Banken. Ist ja nur mal so eine Idee.

Kerstin Dembsky Europa, die Frau mit der weiten Sicht, einst von Zeus nach Kreta entführt und dort verführt. Doch die hedonistische Zeit ist vorbei! Geliebäugelt wird immer noch - allerdings mit den Finanzmärkten. Und die Fäden zieht die mit dem Sparstrumpf: Frau Merkel. Ist das nun „unser Europa“? Eines, in dem Deutschland den Ton angibt?

Mir blieb die deutsche Identität leider von Kindheit an verschlossen. Grund war eine Diagnose: Kartoffelallergie. Jetzt bin ich 23 Jahre alt und studiere seit drei Jahren fleißig Philosophie, Politikwissenschaft und Geschichte in Berlin. Oder müßig! Denn gerade schreibe ich an meiner Bachelorarbeit zum Thema Muße. Vielleicht fällt uns ja in einem Moment des Müßiggangs ein, wie wir Europa zu unserem machen können.

Carola Harather Ich bin 22 Jahre alt, geboren und aufgewachsen in einem kleinen Dorf. Mittlerweile lebe ich in Wien und studiere Germanistik und Komparatistik. Wenn ich nicht gerade dem normalen Studentenleben nachgehe, was man auch immer darunter verstehen möchte, absolviere ich journalistische Kurse und Praktika. Irgendwann muss man schließlich beginnen, wenn man in der Branche Fuß fassen möchte.

Verschiedene Länder, verschiedene Kulturen - sie alle gehören zu „unserem Europa“ und machen die Vielfalt des Kontinents aus. Bleibt eigentlich nur noch die Frage zu klären, ob es überhaupt ein gemeinsames Europa, ob es „unser Europa“ gibt.

Kuno Zscharnack Ich wurde vor 24 Jahren in Berlin geboren. Momentan schreibe ich die letzten Arbeiten für mein Bachelorstudium „Kultur und Technik". Ich jobbe als Hilfsarbeiter und beteilige mich ehrenamtlich an einigen Kulturprojekten.

Europa ist meine Heimat. Manche Region in Frankreich liegt mir näher als Bayern oder Sachsen-Anhalt. Daneben ist Europa Sinnbild für Bürokratie und Technokratie. Dass Europa der E.U. ist noch nicht „unser Europa“.

Lisa Ehrlich, 22 Jahre alt und geborene Potsdamerin. 2008 bin ich aus Begeisterung nach Kopenhagen gezogen, wo ich momentan mehr studiere als lebe, dafür aber noch immer begeistert bin. Seit 2 ½ Jahren bin ich Humanistik-Studentin an der Roskilde Universität mit Spezialisierung auf Kommunikationswissenschaften und Internationale Entwicklungsstudien.

„Unser Europa“...pfff! Das klingt ja wie „Du bist Deutschland!“ Mein Europa sieht doch ganz anders aus als Atilas in Budapest, ganz zu schweigen von Vladimirs in Minsk. Von „unser“ kann da nicht die Rede sein. Leider. Da können Merkel und Sarkozy noch so lange am Mischpult stehen – die Party hat aufgehört bevor sie überhaupt richtig angefangen hat.

Max Zander, geboren wurde ich vor 22 Jahren in der, wie wir sagen schönsten Stadt der Welt, in Hamburg. Über Umwege kam ich nach meinem Abi 09 und einem Jahr Seefahrt bei der Marine in die nicht ganz so schöne, dafür umso spannendere Hauptstadt. Hier studiere ich, mittlerweile im 3. Semester, Journalistik und  versuche mich im Erzählen von Geschichten.

Europa ist eine Prüfung. Eine, die sich lohnen wird, solange alle an einem Strang ziehen. Wenn wir zusammenhalten, unsere Sparziele einhalten und nicht über ,,Pleite-Griechen‘‘ lästern, können wir bestehen und von der Vielfalt und den Unterschieden profitieren. Europa ist keine Last. Es ist eine Chance.

Miranda Schiller Ich bin 25, studiere Philosophie in Leipzig, habe vorher Jura in Berlin und London studiert und bin durch die Welt gereist. In London habe ich ein Uniradio mitgegründet, in Leipzig gibt es zum Glück schon eins. Neben dem Journalismus engagiere ich mich in der Hochschulpolitik für ökologische Themen und um durch die ganze Kopf-Arbeit nicht die Bodenhaftung zu verlieren, mache ich Yoga.

„Die Haltbarkeit von Idealen sinkt proportional zur Aufenthaltsdauer in Brüssel", sagte mir eine ICE-Bekanntschaft auf dem Weg zu ihrer Arbeit. Also meide ich Brüssel und versuche, Völkerfreundschaft und Grenzöffnung im Alltag umzusetzen. Das klappt ganz gut, kann aber nur der erste Schritt sein.

Erik Peter Ich bin Berliner, 27, mit Leidenschaft fürs Zeitunglesen und Weltverbessern. Nach einem halbjährigen Praktikum beim Fußballmagazin 11Freunde ist es höchste Zeit, mich wieder mit den Hauptwidersprüchen zu beschäftigen. Das tue ich sowohl in meinem Masterstudium der Sozialwissenschaften als auch auf meinem Blog www.bleib-passiv.de.

Der Titel „Unser Europa" täuscht darüber hinweg, dass Europa als Staatenunion eben kein Projekt von uns, den Bevölkerungen ist. Die momentane Ausgestaltung Europas, undemokratisch, ungleich, abgeschottet nach außen, ist ein Projekt der Eliten. "Unser Europa" gilt es noch zu schaffen.

Tobias Brunner Gebürtiger Niederbayer und derzeitiger Wahl-Oberpfälzer in Regensburg. Ansonsten aber kerngesund und 22 Jahre alt. Arbeitet in der Region als freier Journalist, u.a. für SZ und dpa. Student der Politikwissenschaft mit Auslandssemester in Istanbul, einer Liebe für Nahost-Politik und internationale Beziehungen. Neben Texten an Fotografie, Fußball und elektronischer Tanzmusik interessiert.

Krise überall. Rettungsschirm, Euro-Bonds, Finanztransaktionssteuer - der Begriffsdschungel beherrscht Europa und seine Nachrichten. Dabei gibt es viel mehr als nur Schulden: Migration und Religion, Rechtspopulismus, Bürokratie und Wachstum. Aber wen interessiert das überhaupt noch?

Julia Lauter, ich bin 25 Jahre alt und es ist einfacher, über Europa zu schreiben, als über mich selbst. Ich habe in den letzten Jahren Philosophie & Politikwissenschaften in Tübingen studiert. Im Moment schreibe ich meine Magisterarbeit über eine gerechtigkeitsphilosophische Rechtfertigung des bedingungslosen Grundeinkommens. Dazwischen: auf unterschiedlichen Wegen das Bestehende in Frage gestellt. Danach: die große weite Welt.

Unser Europa ist eine auf hehren Idealen fußende, bürokratische Leerstelle, die es zu füllen gilt: Statt einer kulturellen und wirtschaftlichen Trutzburg, die sich in eine Weltordnung mit täglich 50.000 armutsbedingten Toten fügt, braucht es einen Advokaten wahrlich europäischer Werte, allen voran Gerechtigkeit & Solidarität.

Thomas Block, 26 Jahre alt, geboren und aufgewachsen im Ruhrgebiet. Nach dem Abitur und einem einjährigen Intermezzo in Sankt Petersburg bin ich schließlich in Wien gelandet. Hier habe ich Publizistik studiert und studiere noch immer Psychologie. Die Semesterferien habe ich, wann immer es ging, für Reisen in Osteuropa und Asien genutzt. Aktuell arbeite ich an meiner Diplomarbeit zum Thema „Steuerpsychologie“.

Mein Europa? Auf der einen Seite fühlt es sich so an. Schließlich fühle ich mich als Exil-Deutscher ja auch in einem anderen Land zu Hause. Gleiches Geld, kein Visum, keine Grenzen. Auf der anderen Seite bleibt jedoch ein flaues Gefühl - wer auch immer dieses Europa gestaltet, wir sind es nicht.

Christine Nolte Vor 24 Jahren geboren im westfälischen Oelde, aufgewachsen in der Nähe von Hamburg, Studium der Integrierten Sozialwissenschaften mit Schwerpunkt „Internationale Beziehungen“ in Braunschweig und Istanbul, momentan wohnhaft in Dresden. Aufgeschlossen, reiselustig, ehrgeizig und streitbar. Seit kurzem stolze Absolventin des Bachelors und nun auf der Suche nach einer neuen Herausforderung.

Europa, das ist: Souveränitätsverlust, Demokratiedefizit und Eurokrise. Oder auch: Kulturaustausch, Reisefreiheit, Friedenssicherung und gemeinsame Werte (Grundrechtecharta). Welches ist unser Europa? Wo sind Gestaltungsmöglichkeiten? Wie können wir diese nutzen?

Ibrahim-Utku Erdogan Ich bin 21 Jahre alt und habe mein Fachabitur mit Schwerpunkt Mediengestaltung im letzten Sommer erlangt. Ich bin zwar in Berlin geboren, aber erst seit ich 12 Jahre alt bin wieder hier. Ich hatte keine großen bzw. langwierigen Sprachprobleme. Es fiel mir nie schwer zu schreiben, sondern eher die Gedanken nachvollziehbar zu ordnen. An sich interessiert mich das Medium Radio sehr, aber meine große Liebe für Print-Medien habe ich durch türkische Karikaturzeitschriften entdeckt.

Mit 16 Jahren musste ich meine türkische Staatsbürgerschaft ablegen, um den deutschen Pass zu erhalten. Damals verspürte ich keine Unterschiede. Inzwischen kenne ich die Vorteile für EU-Bürger. Ich muss zugeben, dass ich die Vorteile der EU nutze, sie aber nicht für gerecht halte. Europa als Festung gefällt mir nicht!

Jenny Fadranski, 24, geboren und aufgewachsen bin ich in Brandenburg mit großem Fernweh. Der Traum von der Ferne ging aber schon bald in Erfüllung: Die elfte Klasse verbrachte ich in Ecuador. Es folgten Abitur und Politik-Studium am schönen Bodensee. Jetzt geht es bald wieder in die weite Welt nach Costa Rica. Danach ist alles offen: weiter studieren, arbeiten oder Unternehmen gründen? Mal sehen.

Europa ist für mich ein Ort der Freiheit, Chancen und Vielfältigkeit. Die Errungenschaft frei reisen zu können, ermöglicht die unterschiedlichsten Begegnungen und zeigt mir immer wieder, wie sehr Europa trotz aller Probleme und Herausforderungen schon zusammengewachsen ist.

Jörg Winterbauer Ich habe in Mainz Geschichte und Germanistik studiert und bin vor kurzem fertig geworden. Während des Studiums längere Aufenthalte in Ioannina, Athen, Warschau zum Studieren, Arbeiten, Leben. Nun wieder in Mainz, aber nur bis sich ein neues Ziel gefunden hat. Seit 26 Jahren wandle ich nun schon über diesen schönen Planeten.

Ich genieße die Vorteile, die Europa mir bietet. Und dennoch sehe ich die EU skeptisch: Ohne mehr Transparenz, ohne mehr Einbindung ihrer Bürger, ohne eine klare demokratische Legitimation, ohne Respekt vor der Vielfalt wird die EU auf Dauer nicht erfolgreich bestehen können.