: Streit um den Castor
Auch Parteichef Kuhn kann die Grünen in Niedersachsen im Streit um die Castor-Transporte nicht überzeugen. Sanktionen schließt er aber aus
HANNOVER taz ■ Die niedersächsischen Grünen haben sich auch von Bundesparteichef Fritz Kuhn persönlich nicht auf einen Verzicht auf Castor-Proteste einschwören lassen. Nach einen Gespräch zwischen Kuhn, der Grünen-Landtagsfraktion, dem Landesvorstand in Hannover und Parteimitgliedern aus dem Wendland gingen gestern beide Seiten im Dissens auseinander. „Für mich als Fraktionsvorsitzende bleibt es dabei, dass es sehr viele gute Gründe gibt, sich gegen den nächsten Transport nach Gorleben zu stellen“, sagte Rebecca Harms nach dem Treffen in Hannover.
Demgegenüber betonte Kunhn, dass „eine Partei nicht die eigene Gesetzgebung blockieren kann“. Er wende sich nicht generell gegen Demonstrationen in Gorleben. Selbstverständlich müssten Grüne dort gegen ein Endlager demonstrieren können. Die Transporte von Atommüll aus La Hague in das niedersächsische Zwischenlager hätten jedoch eine andere Bedeutung. Hier müsse zumindest die Bundesparteispitze sagen, dass sie Proteste dagegen nicht für richtig halte. „Es ist meine Auffassung, dass wir Transporte nicht blockieren oder gegen sie demonstrieren sollten,“ so Kuhn wörtlich.
Sanktionen haben grüne Parteimitglieder, die das Blockieren der Castoren nicht lassen können, von ihrer Berliner Parteispitze allerdings nicht zu befürchten: „Ich habe keine Veranlassung über Sanktionen nachzudenken“, sagte der Parteivorsitzende. Die Grünen seien eine demokratische Partei. Es sei normal, dass es in einer Partei „in einer wichtigen Frage unterschiedliche Auffassungen gibt“.
Die Gespräche über ihre unterschiedliche Auffassung wollen beide Seiten fortsetzen. Kuhn zeigte Verständnis für die Befürchtung in Niedersachsen, dass der ungeeignete Gorlebener Salzstock tatsächlich zum Endlager wird. Deshalb müsse die Suche nach anderen Endlagerstandorte forciert werden.
„Die Grünen in Niedersachsen und vor allem in der Region um Gorleben werden sich nicht davon abbringen lassen, gegen den Transport zu demonstrieren“, beschrieb Rebecca Harms den nach dem Gespräch verbliebenen Dissens. Das Mittel der Blockade der Transporte müsse dabei als das letzte Mittel der Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Lüchow-Dannenberg begriffen werden, in die Entscheidungen über die Atomprojekte noch einzugreifen. Der Salzstock Gorleben sei bislang ohne Beteiligung der Bürger nach dem Bergrecht erkundet worden. Auch der Atomkonsens halte letzlich an dem ungeeigneten Standort fest. Dabei dürfe es nicht bleiben.
JÜRGEN VOGES
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