Bischofsmord vor Gericht

In Guatemala soll nach drei Jahren absurder Ermittlungen und Todesdrohungen ab heute gegen drei Offiziere, einen Priester und eine Haushälterin verhandelt werden

SAN SALVADOR taz ■ Fast drei Jahre nach der Tat soll der Mord an dem guatemaltekischen Weihbischof Juan Gerardi heute vor Gericht kommen. Sicher jedoch kann man erst sein, wenn der Prozess tatsächlich beginnt. Denn zwei der drei Richter, die das Verfahren gegen fünf Angeklagte leiten sollen, erhielten in den vergangenen Tagen so viele Todesdrohungen, dass sie nur noch mit Leibwächtern ihr Haus verlassen. Der dritte beantragte, für befangen erklärt zu werden. Es ist offensichtlich: Jeder, der mit diesem Verfahren zu tun hat, setzt sein Leben aufs Spiel.

Der damals 75-jährige Gerardi war in der Nacht des 26. April 1998 in der Garage seines Pfarrhauses in Guatemala-Stadt mit einem Betonklotz erschlagen worden. Zwei Tage zuvor hatte er einen Bericht über Menschenrechtsverletzungen während des Bürgerkriegs (1960 bis 1996) vorgestellt. 55.000 Fälle werden darin dokumentiert. Für 80 Prozent davon wird die Armee verantwortlich gemacht.

Wenige Tage nach der Tat bekannte sich dazu eine Todesschwadron mit dem Namen „Rächender Jaguar“. Sie war schon vorher mit Morden und Todesdrohungen in Erscheinung getreten. Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass sie von der inzwischen aufgelösten Präsidentengarde organisiert wurde. Doch die Armee ist auch nach dem Ende des Kriegs noch immer so mächtig, dass die Ermittlungen zunächst monatelang in völlig andere Richtungen gingen.

Zunächst wurde ein unbeteiligter Alkoholiker verhaftet, dann ein ebenso unbeteiligter Drogendealer, schließlich der Priester Mario Orantes, der im selben Pfarrhaus wohnte und in der Mordnacht zu Hause war. Er soll seinen Schäferhund auf den Bischof gehetzt haben. Die beiden Kleriker hätten dieselbe Freundin gehabt, sagte damals die Staatsanwaltschaft. Doch alle drei „Hauptverdächtigen“ mussten aus Mangel an Beweisen wieder freigelassen werden.

Ebenfalls verdächtigt wurde eine Bande von Kirchenschatzräubern, der Gerardi auf die Schliche gekommen sei. Der wegen anderer Delikte einsitzende Bandenchef wurde Ende Januar tot in seiner Zelle aufgefunden. Offiziell war es Selbstmord, doch deutet vieles auf Mord. Das dürfte eher ein Ablenkungsmanöver sein, genau so wie eine Leiche ohne Kopf und Hände, die Mitte 1999 gefunden und sofort mit dem Bischofsmord in Verbindung gebracht worden war.

Selbst der Leiter des Menschenrechtsbüros des Erzbistums, Ronald Ochaeta, war wegen eines angeblichen Streits mit Gerardi schon verdächtigt worden. Ochaeta floh wegen Todesdrohungen ins Exil. Das gilt auch für einen Untersuchungsrichter und einen Belastungszeugen. Der sah in der Mordnacht einen Mann aus der Garage des Bischofs fliehen und in ein Auto des Verteidigungsministeriums einsteigen.

Vieles spricht also dafür, dass vor einem knappen Jahr die Richtigen verhaftet wurden: Drei Offiziere, Orantes und seine Haushälterin. Der homosexuelle Priester hatte laut Zeugenaussagen ein Verhältnis mit einem Soldaten. Vermutlich nutzten die Täter dies, um den Mörder ins Pfarrhaus zu schleusen.

Die Wende in den Ermittlungen brachte ein Regierungswechsel. Im Januar 2000 wurde Alfonso Portillo von der rechtspopulistischen Republikanisch-guatemaltekischen Front (FRG) Präsident. Gründer und unumstrittener Führer der FRG ist Guatemalas blutigster Diktator, General Efrain Rios Montt. Dem neuen Präsidenten drohte deshalb internationale Isolation. Er musste etwas tun und präsentierte schon kurz nach Amtsantritt die fünf Verdächtigen. Das heißt jedoch noch nicht, dass heute ein ordentlicher Prozess beginnt, der mit einem ordentlichen Urteil endet. TONI KEPPELER