: Stressfrei zu neuem Leben
■ Hausgeburten als Alternative zum Kreisssaal
Für die Hebamme Annette Hilse ist klar, dass außerklinische Geburten eine sichere Sache sind. Die Bremerin engagiert sich in der „Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe“ (QUAG). Ihrer Ansicht nach ist die Hausgeburt – oder wahlweise die Geburt in Geburtshäusern – die stressfreiere Alternative zur Entbindung im Kreisssaal.
Jetzt sollen Zahlen diese Beobachtung belegen, die die QUAG auf ihrer letzten bundesweiten Tagung in diesem Monat veröffentlicht hat. Für das Jahr 1999 haben im gesamten Bundesgebiet 425 Hausgeburts-Hebammen, 40 Geburtshäuser und 19 Hebammen-Praxen ihre Erfahrungen dokumentiert. Bei nur zehn Prozent aller Hausgeburten seien Schmerzmittel eingesetzt worden, im Gegensatz dazu sind es bei Krankenhaus-Geburten bis zu 60 Prozent gewesen. Annette Hilse hat eine Erklärung parat: „Frauen, die zu Hause gebären, entspannen sich anders.“ Darum seien Schmerzmittel nicht nötig. Aber: „Wir verweigern natürlich keine Schmerzmittel, wenn die Schwangere nach ihnen fragt.“ Stressmildernd sei auch die sogenannte 1:1-Betreuung der werdenden Mutter, die die Hebamme aus den Vorsorgemonaten kennt. Während der Geburt hetzt die Hausgeburtshelferin nicht von einer Entbindung zur nächsten und verlässt auch nicht bei Schichtende den Kreisssaal. Mit diesem entspannten Umfeld begründet die QUAG auch die niedrige „Dammschnitt-Quote“. Nur bei acht Prozent aller Hausgeburten wird der „Damm“ zwischen After und Scheide durchtrennt – im Vergleich zu 60 Prozent bei Klinik-Geburten.
Allerdings relativieren sich viele Zahlen wie etwa die seltene Zangen- oder Saugglockengeburt (zwei Prozent) oder die niedrige Kaiserschnittrate von vier Prozent. In Krankenhäusern kämen bis zu 25 Prozent aller Kinder per Kaiserschnitt zur Welt, sagt Hilse. Sie räumt zugleich ein, dass kaum eine Hebamme selbstständig „Risikoschwangerschaften“ betreut. „Wir entbinden zum Beispiel keine Zwillinge zu Hause“, so Hilse. „Die Hebamme informiert sich genau über den Schwangerschaftsverlauf, bevor sie sich für eine Hausgeburt entscheidet.“ Wenn die Frau im Lauf der Geburt doch ins Krankenhaus verlegt werden muss, endet die Betreuung durch die „persönliche“ Hebamme an der Krankenhaus-Pforte. Die Krankenhäuser haben ihre „eigenen“ Hebammen. Laut QUAG-Statistik werden 13 Prozent aller Fälle an Ärzte oder Krankenhäuser überwiesen.
Finanziert werden die regulären Leistungen der Hebammen durch die Kassen. Lediglich den Bereitschaftsdienst rund um die Uhr bezahlen die Frauen aus der eigenen Tasche. Wieviel die Schwangere beisteuern muss, richtet sich auch danach, ob die Frau zu Hause oder im Geburtshaus entbindet. Annette Hilse: „In unserer Hebammenpraxis nehmen wir 350 Mark für die Betreuung. In Geburtshäusern, die auch Mietkosten abdecken müssen liegen die Gebühren um 1.000 Mark.“
juka
Weitere Informationen bietet der Hebammenlandesverband (Tel.: 04406-6777).
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