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Große Koalition mit dem Wendehals

Der abgewählte israelische Premierminister Ehud Barak wird im neuen Kabinett Verteidigungsminister, Schimon Peres bekommt die Außenpolitik. Heftige Kritik in der Arbeitspartei. Linker Flügel denkt an Gründung einer neuen Liste

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Der scheidende Premierminister Ehud Barak und der künftige Premierminister Ariel Scharon wollen sich zusammentun. In einem nächtlichen Treffen unter vier Augen vereinbarten die beiden Politiker von Arbeitspartei und Likud am Donnerstag die Bildung einer großen Koalition, in der Barak den Posten des Verteidigungsministers einnehmen wird. Sein Parteikollege, der ehemalige Premierminister Schimon Peres, wird in der künftigen Nationalen Einheitsregierung Außenminister werden.

In der Arbeitspartei sorgte Baraks erneute Kehrtwende für erheblichen Unmut. „Barak sollte zu seiner Ankündigung von vor zehn Tagen stehen, als er die Verantwortung für die Wahlniederlage übernahm“, erklärte Kabinettsminister Chaim Ramon. Barak habe „keine Entscheidungsbefugnis“ mehr, so Ramon, deshalb werde er selbst beim Parteitag nächste Woche eine Alternativliste von Kandidaten für die offenen Ministerposten zur Abstimmung vorlegen. Anstelle des Verteidigungsministeriums will Ramon das Amt des Finanzministers für seine Partei gewinnen. Auch Peres sowie Parlamentspräsident Abraham Burg sehen das rasche „Comeback“ ihres Vorsitzenden mit wenig Wohlwollen. „Aber du bist doch zurückgetreten“, hatte Peres wiederholt zu Barak gesagt, als dieser letzte Woche die Koalitionsverhandlungen an sich riss. Enttäuschung über den erneuten Zickzackkurs Baraks herrscht auch in der linksliberalen Me’retz: „Es ist sehr traurig, dass Barak sich zum Helfer Scharons in Sicherheitsangelegenheiten machen lässt“, kommentierte Parteichef Jossi Sarid.

Barak begründete seine Entscheidung unter anderem mit dem jüngsten Terroranschlag, der am Mittwoch acht Menschen das Leben kostete: „Angesichts der Notlage im Bereich der Sicherheit darf ich nicht die Hände in den Schoß legen“, meinte er. Jetzt gehe es nicht „um das Image eines Einzelnen“. Barak verzichtete auf die von ihm gewünschten Änderungen der bereits vereinbarten Regierungsrichtlinien, die Israels Zustimmung zur Gründung eines Palästinenserstaates sowie die mögliche Evakuierung isolierter jüdischer Siedlungen enthalten sollten. Umgekehrt verzichtete Scharon darauf, seine „roten Linien“ im Friedensprozess in die Regierungsrichtlinien einzubringen. Im Verlauf des Wahlkampfes hatte er versprochen, dass unter seiner Regierung „keine einzige Siedlung evakuiert werden“ würde, ferner hatte er „aus Sicherheitsgründen“ einen Abzug aus dem Jordantal ausgeschlossen und erklärt, die Frage des Rückkehrrechts für palästinensische Flüchtlinge sei ebenso indiskutabel wie die Unteilbarkeit Jerusalems und Israels Souveränität auf dem Tempelberg unantastbar.

Abgesehen vom Amt des Regierungschefs werden Likud und Arbeitspartei in der Koalition jeweils sieben Ministerposten erhalten. Geplant ist die Vergabe eines Ministerpostens an einen arabischen Abgeordneten. Aller Voraussicht nach werden ferner vier Kabinettsstühle von der orientalisch-orthodoxen Schas besetzt und zwei von der National-Religiösen Partei. Mit von der Partie sind vermutlich auch Nathan Scharansky, Chef der Immigrantenpartei, und Avigdor Liebermann, der vor kurzem die Bombardierung des Assuan-Staudamms in Aussicht stellte. Justizminister Jossi Beilin und Außenminister Schlomo Ben-Ami kündigten an, dass sie sich an der Einheitsregierung nicht beteiligen wollen. Beilin unterhält bereits enge Kontakte zu einigen liberalen Parteien, mit denen er vermutlich eine neue Liste gründen wird. Scharon will am kommenden Donnerstag die neue Koalition der Knesset präsentieren.

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