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Lernpause für eine bessere Zukunft

Im Sommer werden die Lesesäle der Staatsbibliothek für vier Monate geschlossen. Die dortigen Arbeitsplätze sollen ans Internet angeschlossen werden. Doch viele Stabi-Nutzer stehen dann vor einer schwierigen Frage: Wohin zum Pauken?

von STEFAN KAISER

„Für mich ist es furchtbar“, klagt Christoph Trebesch. „Ich wohne gleich um die Ecke, die Stabi ist praktisch mein Lernzimmer.“ Der 21-jährige BWL-Student ist drei- bis viermal pro Woche im „Haus 2“ der Staatsbibliothek an der Potsdamer Straße, um zu pauken und Kommilitonen zu treffen. Doch ab Juli wird er für vier Monate nicht mehr hierher kommen können – die Bibliothek soll renoviert und die Lesesäle geschlossen werden.

Die Cafeteria im ersten Stock des Gebäudes dient als Verpflegungsstation und Treffpunkt. Die meisten hier studieren oder promovieren. Sie nutzen die Bibliothek für wissenschaftliche Recherche, aber auch als ruhigen Platz zum Arbeiten. „Ich lerne lieber hier als zu Hause“, erklärt Christoph Trebesch. „Hier trifft man auch mal Freunde und wird einfach nicht so frustriert.“

So wie Trebesch denken viele Nutzerinnen und Nutzer der Staatsbibliothek. Offiziell gibt es hier 600 Arbeitsplätze, die vor allem zum Ende des Semesters sehr begehrt sind. In der Klausurenzeit ist oft kein freier Platz mehr zu bekommen. Aus diesem Grund sollen von Juli bis Oktober etwa 120 neue Arbeitsplätze eingerichtet werden. Außerdem sollen 40 Plätze mit internetfähigen Computern und zahlreiche weitere mit Internetanschlüssen für mitgebrachte Laptops ausgestattet werden, erklärt Günter Baron, Vetreter des Generaldirektors. Für ihn ist die vorübergehende Schließung der Lesesäle ein notwendiges Übel.

„Die Ausleihe wird weiter möglich sein“, beruhigt Baron. „Bis Ende Juni werden wir ein neues Katalogzentrum im Erdgeschoss fertigstellen.“ Lediglich die 200.000 Bücher und Zeitschriften aus den Handbibliotheken seien in den vier Monaten nicht zugänglich.

Die Nutzer der Lesesäle verweist er indes auf das „Haus 1“ Unter den Linden. Dort sollen zu den bestehenden 200 Arbeitsplätzen noch „so viele wie möglich“ hinzukommen. Alle Nutzer aus „Haus 2“, das weiß auch der Direktor, wird man so allerdings nicht auffangen können.

Dazu kommt, dass viele Nutzer die Arbeitsbedingungen im „Haus 1“ für wenig vorteilhaft halten. „Dort herrscht einfach keine angenehme Arbeitsatmosphäre“, erklärt Stephan Besser, der gerade promoviert. Die Räume seien zu dunkel, die Stühle zu unbequem, die Cafeteria schlecht ausgestattet, klagt der 29-Jährige. Neue Arbeitsplätze seien zwar sinnvoll. Er bezweifelt aber, ob es tatsächlich nötig ist, die Säle gleich für vier Monate zu schließen. „Es ist“, betont Günter Baron. Kabel müssen verlegt, der Estrich muss aufgerissen werden. „Dabei kann man unmöglich arbeiten“.

Dennoch werde man sich bemühen, einzelne Lesesäle schon vor Oktober zu öffnen. Für Andrea Rauch ist dies ein schwacher Trost. Die 24-Jährige kommt derzeit mindestens drei Mal pro Woche in die Stabi, um für ihr BWL-Examen zu lernen. Über eine Modernisierung der Bibliothek würde sie sich freuen. „Allerdings müssten dann Alternativen angeboten werden“, fordert die Studentin.

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