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Spannungen in Makedonien

Bewaffnete albanische Gruppen liefern sich Scharmützel mit Polizeikräften. Albaner flüchten ins Kosovo. Die Regierung in Skopje warnt vor einer Destabilisierung des Landes

Viele junge Leute werden ungeduldig, denn am Status der Albaner, die sich als Bürger zweiter Klasse fühlen,hat sich kaum etwas geändert

BERLIN taz ■ Makedonien könnte ein neuer Krisenherd auf dem Balkan werden. Die Spannungen zwischen der slawisch sprechenden Mehrheitsbevölkerung und der albanischen Minderheit wachsen dramatisch. Erst am Wochenende mussten 139 makedonische Albaner in das benachbarte Kosovo fliehen. Die vornehmlich aus Frauen und Kindern bestehende Gruppe verließ ihr Heimatdorf Tanusevski wie schon 150 weitere Personen einige Tage zuvor, weil makedonische Polizei in der Region operiert.

Vor zwei Wochen sollen nach Angaben der Albaner makedonische Sicherheitskräfte einen Albaner erschossen haben. Der Grund für die Polizeiaktion sind Aktionen von albanischen bewaffneten Gruppen, die über die Grenze des Kosovo nach Makedonien einsickern. Nach Angaben des makedonischen Verteidigungsministers habe sich eine „Nationale Befreiungsarmee“ der Albaner gebildet. Diese Gruppe habe nahe dem Dorf Tanusevski Sicherheitskräfte angegriffen und die Verantwortung für einen Angriff auf eine Polizeistation im Dorf Tearce im Norden, bei dem ein Polizist getötet und weitere verletzt wurden, übernommen.

Letzte Woche sandte der makedonische Verteidigungsminister Ljuben Paunovski einen Brief an Nato-Generalsekretär George Robertson, in dem er die Nato über die bewaffneten Gruppen informierte und vor der Destabilisierung Makedoniens warnte. Schon seit Jahren waren die ethnischen Spannungen in dem Vielvölkerstaat Makedonien angestiegen. Nach der Fluchtwelle aus dem Kosovo war Makedonien gezwungen, über 400.000 albanische Flüchtlinge aufzunehmen. Die Befürchtung, die Albaner könnten bleiben, führte zu Misstrauen der slawischen Bevölkerung. Überbrückt wurden die latenten Spannungen durch zwei Nationalparteien, der makedonischen VMRO und der Nationaldemokratischen Partei der Albaner, DPA, die nach den Wahlen 1998 eine Koalition bildeten. Inzwischen ist jedoch Arben Xhaferi, der Chef der DPA, sehr krank. Sein Einfluss scheint nicht groß genug, die radikalen Kräfte unter den Albanern zu zügeln. Viele junge Leute werden ungeduldig, denn am Status der albanischen Minderheit, die sich als Bürger zweiter Klasse fühlt, hat sich auch mit der Koalition kaum etwas geändert.

Nach der Unabhängigkeit des 2-Millionen-Einwohner-Staates 1991 entschieden die Vertreter der makedonisch sprechenden Mehrheit, Makedonien als Nationalstaat der Makedonier zu definieren. Roma, Serben, Bulgaren und Albaner wurden als Minderheiten angesehen. Diese Definition löste Proteste der Albaner aus. Die albanische Minderheit forderte, als gleichberechtigte und konstitutive Nation anerkannt zu werden. Nach offiziellen Angaben wird der Anteil der Albaner auf 23 Prozent beziffert. Albanische Parteien gehen von mehr als einem Drittel aus.

Die Albaner verfügen über geschlossene Siedlungsgebiete, die sich westlich der Hauptstadt Skopje bis zum Ohrid-See hinziehen. Die zweitgrößte Stadt Makedoniens, Tetovo, wird vornehmlich von Albanern bewohnt, in Skopje wollen die Albaner die Hälfte der Bevölkerung stellen.

Die Segregation der ethnischen Gruppen ist in den letzten Jahren fortgeschritten, die interethnischen Kontakte sind zurückgegangen. Die Schulsysteme trennen sich zunehmend, zumal es den Albanern erschwert wird, an der Universität von Skopje in Albanisch zu studieren. Mit der Gründung einer albanischen und durch private Spenden finanzierten Universität in Tetovo versuchten die Albaner dem Bildungsnotstand entgegenzuwirken. Doch bisher sind diese Abschlüsse nicht anerkannt.

Die radikalen und bewaffneten albanischen Gruppen können mit Zulauf aus der Bevölkerung rechnen. Die makedonische Polizei wurde zwar aufgerüstet, die Armee wäre mit 10.000 Mann und einer altertümlichen Bewaffnung bei Konflikten wohl kein ernst zu nehmender Faktor. Mit der Existenz von Nato-Truppen im Lande jedoch ist der internationalen Gemeinschaft Verantwortung auferlegt, den Frieden zu wahren.

ERICH RATHFELDER

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