piwik no script img

Es geht um Deutschland

aus Passau FRANZ JOSEF STRAUSS

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Frauen und Männer aus Passau, aus der Umgebung und aus dem Rest der Bundesrepublik Deutschland! Diese Anrede soll natürlich als eine humorvolle Bemerkung verstanden werden, als eine Bemerkung des Dankes dafür, dass ja nun mehr nicht nur einige Dutzend, nicht nur wenige Hunderte, sondern Tausende von Gästen aus allen Ländern der Bundesrepublik Deutschland sich aus Anlass dieses Aschermittwochstreffens hier in Passau eingefunden haben.

Europa – Anruf der Geschichte

Wir brauchen eine Politik, die an der Wirklichkeit ausgerichtet ist, die auf klaren Grundsätzen beruht, die wieder Vertrauen, Stabilität und solide Grundlagen schafft. Nur so kann das deutsche Volk den Anruf der Geschichte, den wir gehört haben, richtig beantworten, in europäischer Solidarität und in transatlantischer Gemeinsamkeit seinen Beitrag leisten. Je älter man wird, je länger man im politischen Leben steht, desto mehr wird man der Leerformeln politischer Großmäuler überdrüssig, der Leerformeln, bei denen häufig die Zusammensetzung der Buchstaben ein Wort ergibt, das im Gegensatz zu den wirklichen Absichten der geplanten Politik steht. Darum sage ich: Formeln wie „europäische Solidarität“ oder „transatlantische Gemeinsamkeit“, die sagen noch gar nichts, wenn dahinter nicht der Wille zu politischem Handeln steht, durch welche diese verbalen Formeln mit Leben, mit Kraft und mit Glaubwürdigkeit erfüllt werden.

CSU: Einsame Spitze

Zu den Wahlerfolgen der CSU gibt es in keinem anderen Land der Bundesrepublik Deutschland und bei keiner anderen Partei hinsichtlich Ausmaß und Dauer annähernd Vergleichbares. Wir sind als Christlich-Soziale Union die modernste Partei Europas – und wenn Sie wollen, beziehen wir gleich die amerikanischen Parteien mit ein! Wir stehen im weitesten Sinn des Wortes auf dem Boden des christlichen Sittengesetzes.

Unfähige Koalition

Die heutigen Regierungsparteien sind unfähig, in Lebensfragen der Nation, wie innere und äußere Sicherheit, wie Energieversorgung, wie wirtschaftliche und finanzielle Stabilität, konsequent und zukunftssichernd zu handeln.

Wollen wir dieses grün-rote Krisenkartell? Einen Herrn Schröder, der durch seine Wahlkampfexzesse in Bayern, indem er den Bayerischen Ministerpräsidenten als Schwein bezeichnet hat, selbst bei den bayerischen Genossen unangenehm aufgefallen ist? Das ist ein Zeichen für den Niedergang der politischen Kultur in der Bundesrepublik Deutschland! Denn das hat nichts mehr mit harter politischer Aussage zu tun, die in der Demokratie notwendig ist, auch unentbehrlich ist!

Was uns gegenübersteht, dieses rot-grüne Krisen- und Niedergangskartell, ist so miserabel, dass eigentlich unser Wahlergebnis bei der kommenden Bundestagswahl 60 Prozent sein müsste. Dieser Eiertanz mit den Grünen, diese einseitige Anbiederung der Roten an die Grünen. Sie haben ja gesehen, wie es in Berlin schon Jahre lang zugeht! Das ist doch kein erfreulicher Zustand für einen demokratischen Rechtsstaat. Das ist doch ein Skandal für diese traditionsreiche, auch verdienstvolle SPD, heute auf diesen Partner angewiesen sein zu müssen, weil man zu einer anderen Politik nicht mehr fähig ist.

Bekenntnis zur Kernenergie

Ich sage das jetzt in erster Linie den Frauen und Männern in Bayern. Sie können mir wirklich glauben, dass ich – das sage ich auch denen, die aus gutem Grunde mit reinem Herzen zu den Grünen neigen und die Reinheit unserer Gewässer, die Sauberkeit unserer Luft, die Schönheit unserer Wälder und Fluren, unserer Felder erhalten wollen – meine bayerische Heimat liebe, dass ich ein echter Sohn der bayerischen Heimat, ein echter, überzeugter Bayer bin. Aber die Generation meiner Söhne, meiner Kinder wird auf unsere Gräber mit Steinen werfen, wenn wir aus innenpolitischer Feigheit, Bequemlichkeit oder Opportunität heute nicht die Voraussetzungen schaffen, damit die nächste Generation in gesichertem Wohlstand, in guten Lebensverhältnissen und in einem lebenswürdigen Rahmen ihr Leben bestreiten kann.

Deshalb soll man aufhören mit dem ach so kenntnislosen Gerede, man könnte ohne Kernenergie auskommen. Wir wollen ja unsere Abhängigkeit vom Öl abbauen. Eine effizientere Ausnutzung der bestehenden Energie, das wäre nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Ich würde es bedauern, wenn Bürger wegen unseres Ja zur Kernenergie der CSU nicht mehr die Stimme geben würden. Aber nichts wird mich von meiner Überzeugung abbringen. Ein Politiker, der das Opfer seiner Überzeugung bringt trotz besseren Wissens und wider besseren Wissens, und der wider besseren Wissens etwas behauptet, nur weil es beim Wähler ankommt, weil er dann leichter durchkommt, ist ein fauler Apfel, ist ein morsches Stück Holz.

Wenn die Kernkraft – die umweltfreundlichste Energie – wirklich so eine tödliche Gefahr wäre, dann gibt es nur eins, den Ausstieg, aber sofort und radikal! Wenn man aber dann die SPD und die Grünen fragt: Ausstieg – ja, jetzt nicht, in fünf Jahren, niemand weiß es genau, es kann auch noch zehn Jahre dauern, vielleicht erst im nächsten Jahrhundert! Die Regierungskoalition hat doch hier einen doppelten Schleiertanz aufgeführt. Man versetze sich einmal in die Psychologie unkritischer Wähler, die sich durch solche Sprüche beeinflussen lassen. Wenn eine Partei sagt, die Kernenergie ist der Tod für uns, und als Antwort dann sagt, ja, in den nächsten fünf, zehn, fünfzehn Jahren werden wir aussteigen, dann ist doch die einzige Reaktion dieser Wähler: Dann gehe ich halt zu denen, die den Ausstieg sofort propagieren! Aber die gibt es nicht mehr, jedenfalls nicht mehr im Parlament.

Die grüne Gefahr

Die Grünen sind eine Gefahr für unsere Sicherheit, eine Gefahr für die Erhaltung unserer Freiheit. Das Verhältnis der Grünen zum freiheitlichen Rechtsstaat und der parlamentarischen Demokratie – es gibt eine ganze Reihe prominenter Grüner, meist mit kommunistischem Hintergrund und kommunistischer Vergangenheit, die sich nicht distanzieren von der Gewaltanwendung, die Gewaltanwendung als legitimes politisches Mittel anerkennen. Gute Nacht, kann man da nur sagen!

Dann sehe man noch, was die Grünen für eine Klientel haben. Ein Teil ihrer Klientel sitzt in Straubing in einer bestimmten Anstalt! Ich habe es im Bayerischen Landtag vor einigen Wochen gesagt. 183 Häftlinge gehören schon zu den Grünen, die meisten, nämlich 107, sitzen in der Schwerstverbrecherhaftanstalt, im Schwerstverbrecherkomplex, man kann sagen: „Na ja, wie der Herr, so das Gescherr.“

Krise der Landwirtschaft

Die Frage ist ja nicht allein für die Bauern: Wer ist schuld? Davon haben sie ja nichts mehr, das ist eine Feststellung, sondern: Was kann geschehen? Und was soll geschehen? Ich musste mich in die Dinge auch einarbeiten – obwohl meine vier Großeltern Bauern waren, aber ich bin ein Städter gewesen. Doch ich habe erkannt: Wir dürfen uns nicht scheuen, in eine harte Auseinandersetzung mit der Europäischen Kommission einzutreten. Die Vorschläge der Europäischen Kommission sind unannehmbar, sie bedeuten das Ende, ich sage nicht, das Ende des Bauernstandes, aber das Ende von einem Drittel des heutigen Bauernbestandes. Lieber geht es einmal mit Europa etwas langsamer voran, als dass unsere Bauern auf der Strecke bleiben.

Kommende Anstrengungen

Es kommen große Anstrengungen auf uns zu. Ich rede nicht von Blut und Tränen, wir haben so viel Blut gesehen in unserem Leben und so viele Tränen, Hekatomben von Tränen, dass wir davon weder reden wollen noch sie jemals in der Wirklichkeit wieder erleben wollen. Aber ohne Schweiß wird es nicht abgehen. Und wir müssen viel Schweiß aufwenden, damit uns Blut und Tränen erspart bleiben. Ich sage das jetzt nicht, um hinterhältigen Kommentaren und törichten Spekulationen oder unsinnigen Überschriften Auftrieb zu geben, sondern als ein Wort der Mahnung.

Heute besteht doch für eine Radikal- und Fundamentalopposition gegen diesen Staat wirklich nicht der geringste Anlass. Es gibt selbstverständlich manches, was bei uns verbessert werden muss. Es ist nicht alles Gold, was glänzt, es ist auch keine Entschuldigung, wenn ich sage: Es wird nie eine menschliche Ordnung auf Erden geben, die völlige Gerechtigkeit, allgemeine Zufriedenheit, völlige Wunschlosigkeit, sozusagen Harmonie auf Erden bedeutet. So gut kann es den Menschen doch überhaupt nicht gehen, als dass es nicht Konflikte gäbe! Das beklage ich nicht, das sollten wir auch gar nicht beklagen.

Konflikte gehören zum geschichtlich-sozialen Dasein. Aus dem Konflikt erwächst der Fortschritt – wenn der Konflikt im Rahmen des demokratischen Grundkonsensus gewaltfrei ausgetragen wird, dann ist der Konflikt Fortschritt.

Ich möchte Ihnen sehr sehr herzlich danken. Am allermeisten natürlich denen, die mit einem Stehplatz vorlieb nehmen mussten, danken für die gespannte Aufmerksamkeit, eine Aufmerksamkeit, die geradezu für einen geübten Redner physisch zu spüren ist. Ich möchte Ihnen danken dafür, dass Sie damit dieser Veranstaltung wieder durch die Masse Ihres Besuches, durch die Intensität Ihrer Aufmerksamkeit einen Glanz verliehen haben, den wir nicht verdient haben, sondern für den wir Ihnen zu danken haben. Auf Wiedersehen!

Bayernhymne

Deutschlandlied

Zusammengestellt aus den Reden „Wahltag ’80: Es geht um Deutschland“ (1980), „Verantwortung für Bayern und Deutschland“ (1982), „40 Jahre in Frieden und Freiheit“ (1985) und „Antwort auf die Fragen der Zeit“ (1987) von Stefan Kuzmany

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen