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fakten

Missachtete Traditionen

Der politische Aschermittwoch in Niederbayern hat seinen Ursprung im 16. Jahrhundert. Seit 1580 kamen in der kleinen Donaustadt Vilshofen am ersten Tag der Fastenzeit Bauern und Kaufleute zum Hornvieh- und Rossmarkt zusammen. Dabei feilschten sie nicht nur um die besten Tierpreise, sondern nahmen auch die bayerische Politik ins Visier.

1919 rief der Bayerische Bauernbund aus diesem Anlass erstmals zu einer Kundgebung auf – der Politische Aschermittwoch war geboren.

Nach einer Pause während der Nazi-Zeit erinnerte sich die Bayernpartei 1948 wieder an den alten Brauch.

Als 1953 die CSU mit Franz Josef Strauß dazustieß, entwickelten sich jene legendären Redeschlachten, die den Ruf des Politspektakels begründeten: Jede Partei postierte im Saal des Gegners „Spione“, um dessen Attacken möglichst schnell parieren zu können.

1975 räumte die CSU den viel zu eng gewordenen „Wolferstetter Keller“ in Vilshofen und zog in die Passauer Nibelungenhalle um – die SPD konnte die geschichtsträchtige Hochburg der „Schwarzen“ übernehmen.

Inzwischen hat sich die niederbayerische Aschermittwochs-Tradition auf ganz Bayern ausgedehnt. Landauf, landab gibt es unzählige große und kleine Kundgebungen. Überall werden Bier und Fischsemmeln serviert – aber kaum noch deftige Sprüche.

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