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City: Schluss mit dem Hindernis-Radeln

■ Endlich mehr Lebensqualität für Pedalritter: Der Beirat Mitte will im Rahmen des Innenstadt-Sofortprogramms den Fahrradzugang zur City verbessern. Die Zeit drängt

Wer kennt es nicht? Eilig mit dem Rad aus der Innenstadt zurück, aber an der Wilhelm-Kaisen-Brücke beginnt der Hindernisparcours. Erst gilt es, den rechtsabbiegenden Delmenhorster Spätheimkehrern zu entgehen. Dann kommt die ganz harte rote Welle: Für jede der drei Fahrspuren geht eine ganze Ampelphase drauf. Nach 100 Metern endet der Radweg im Nichts, mündet in einen schmalen Fußweg, wo Spaziergänger zu umschlängeln sind. Wenn vom Osterdeich auch noch ein Rad entgegen kommt, bleibt nur noch die Not-Abfahrt über den Kantstein.

Derart riskante Manöver könnten bald der Vergangenheit angehören: Der Beirat Mitte hat im Innenstadt-Sofortprogramm die Chance entdeckt, den rundum miserablen City-Zugang für Fahrradfahrer zu verbessern. Ein Anfang ist schon gemacht: Aus dem 100-Millionen-Mark-Programm, das den gebeutelten City-Geschäften die künftige Konkurrenz mit dem Space-Park erleichtern soll, wurde die Erstellung einer so genannten Ziel-Netzplanung bewilligt – eine Maßnahme, die vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club seit Jahren gefordert wird. Die Hannoveraner „Planungsgemeinschaft Verkehr“ (PGV) hat ermittelt, welche Routen Radfahrer hauptsächlich nutzen. Die Ergebnisse für die Innenstadt werden heute Abend im Beirat vorgestellt. Auch die zahlreichen Engpässe – vor allem Tunnel, Weserbrücken und große Kreuzungen – sind in dem PGV-Gutachten benannt. Und Verbesserungsvorschläge machen die Verkehrsplaner auch. Aber die werden die Beiräte heute noch nicht erfahren.

„Da fehlt noch die behördeninterne Abstimmung“, sagt Wilhelm Hamburger vom Bauressort. Die Behörde will sich Proteste gegen Straßenumbauten ersparen, die sich später ohnehin als nicht praktikabel entpuppen. „Konflikte gibt es immer“, sagt Hamburger.

Dabei stehen die Zeichen für City-Radler günstiger denn je: Baumaßnahmen sollen unter anderem mit den Kaufleuten abgestimmt werden. Und die Handelskammer, in früheren Jahren oft rigoroser Anwalt des Autoverkehrs, hat schon wohlwollendes Interesse signalisiert. Denn wenn der Space-Park einmal fertig ist, wird er vor allem viele Autofahrer zum Shopping locken. Radfahrer bekommen da für die City eine völlig neue Bedeutung. In den innenstadtnahen Vierteln wohnen 200.000 potenzielle Kunden. Wenn sie ihr Auto zu Hause stehen lassen, weil sie mit dem Fahrrad schneller sind, bleiben Parkplätze für auswärtige Besucher frei. Noch allerdings, da sind sich passionierte Radler sicher, fahren die Bremer trotz und nicht wegen der Fahrradwege mit dem Rad. Immerhin 22 Prozent aller Wege erledigen sie im Durchschnitt auf dem Rad, ergaben Untersuchungen Mitte der Neuzigerjahre – mehr als doppelt so viel wie in den meisten vergleichbaren Großstädten.

Wenn das Innenstadt-Sofortprogramm Verbesserungen bringt, könnte dieser Anteil noch gesteigert werden. Allerdings drängt die Zeit: Rund drei Viertel der Baumaßnahmen im Programm sind bereits begonnen oder sogar schon beendet. Hoffnung bietet vor allem ein Nachschlag von rund 50 Millionen Mark, der aus Grundstücksverkäufen der Stadt zustande kommen könnte. Eines ist allerdings klar: „Der Autoverkehr darf in seiner Leistungsfähigkeit nicht eingeschränkt werden“, sagt Wilhelm Hamburger. Zwischen Wilhelm-Kaisen-Brücke und Osterdeich ist deshalb auch kaum Entspannung in Sicht, weil ein Radweg nur auf Kosten einer Spurverengung auf der Fahrbahn möglich wäre. Jank

Öffentliche Beiratssitzung heute um 19 Uhr im Ortsamt, Am Dobben 91

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