: „Mehr Teilzeit für Mütter“
Was kommt nach dem Erziehungsurlaub? Oft möchten Frauen dann in Teilzeit arbeiten. Bislang war das eher schwierig. Jetzt haben alle einen rechtlichen Anspruch darauf. Der Berliner Arbeitszeitberater Andreas Hoff über die Auswirkungen
Alle Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten haben künftig einen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit, wenn dem keine betrieblichen Belange entgegenstehen. Auch während des Erziehungsurlaubs können Väter und Mütter künftig bis zu 30 Wochenstunden bei ihrem Unternehmen arbeiten. Werden jetzt tausende Mütter und Väter in Teilzeitjobs wechseln? Der Berliner Arbeitszeitberater Andreas Hoff kennt die Praxis.taz: Seit Jahren wurden in der Politik mehr Teilzeitjobs gefordert, um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können. Gibt es jetzt, wo ein Rechtsanspruch besteht, eine große Nachfrage nach Teilzeitarbeit?Andreas Hoff: Was wir so hören in den Betrieben, hält sich die Zahl der Anfragen doch sehr in Grenzen. Das ist vielleicht auch ein Hinweis darauf, dass die Teilzeitwünsche weit gehend ausgeschöpft sind.
Bisher hieß es doch immer, Mütter und Väter müssten mehr Möglichkeiten haben, in Teilzeit zu wechseln, um Familie und Beruf besser unter einen Hut zu bringen. Da müssten doch jetzt waschkörbeweise die Anträge kommen.
Nicht unbedingt. Es gab ja auch schon bisher die Möglichkeit, während des Erziehungsurlaubs auf Teilzeit zu gehen. Das ist aber nur wenig genutzt worden. Meines Erachtens wird es künftig vor allem eine Gruppe geben, für die der Rechtsanspruch auf Teilzeit bedeutsam ist: Mütter, die aus dem Erziehungsurlaub zurückkehren und dann nicht mehr Vollzeit, sondern nur noch Teilzeit arbeiten wollen.
Bisher aber fanden diese Mütter oft gar keine Möglichkeit, nach dem Erziehungsurlaub ihre Arbeitszeit zu vermindern. Dann mussten die Frauen kündigen.
Die Firmen haben diese Teilzeitwünsche in der Tat oft dazu genutzt, Personal auszumustern. Wer tüchtig war und flexibel, für den hat das Unternehmen schon eine Lösung gefunden. Leuten dagegen, die die Firma eigentlich loswerden wollte, wurde dann oft gesagt: Tut uns leid, geht nicht.
Wie läuft das nun künftig ab?
Der Arbeitgeber kann natürlich immer noch sagen: Mach ich nicht – doch jetzt muss er betriebliche Gründe angeben, warum das nicht geht. Wenn es im Unternehmen aber zum Beispiel eine teamorientierte flexible Arbeitszeitregelung gibt, dann lassen sich betriebliche Gründe gegen die Teilzeit nur schwer finden.
Werden die Mütter denn klagen, wenn der Arbeitgeber ihnen den Teilzeitwunsch versagt?
Manche sicherlich: Sie haben ja wenig zu verlieren, wenn sie ohnehin kündigen müssten, falls der Arbeitgeber ihnen den Teilzeitwunsch verwehrt.
Was ist eigentlich mit den Vätern? Ist zu erwarten, dass auch die Männer das Teilzeitgesetz in Anspruch nehmen?
Alle bisherigen Erfahrungen zeigen, dass Männer mehr arbeiten, wenn sie Vater werden, und nicht weniger. Das Erziehungsurlaubsgesetz gibt es schon seit den 80er-Jahren – und nur 1,5 Prozent der Erziehungsurlauber sind Männer. Die Arbeitswelt ist einfach so, dass die Männer Angst haben, ihre Position zu verlieren, wenn sie in den Erziehungsurlaub oder auf Teilzeit gehen. Und dieser Konkurrenzdruck im Job hat in den letzten Jahren eher noch zugenommen. Insofern könnte man vielleicht sogar sagen, dass die neuen Teilzeitgesetze 10, 15 Jahre zu spät kommen.
INTERVIEW: BARBARA DRIBBUSCH
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