: Stockkonservativ und direkt
Der ehemalige Senator Dan Coats soll neuer US-amerikanischer Botschafter in Berlin werden
aus Washington ELLY JUNGHANS
Dan Coats genießt den Ruf eines unerschütterlichen Konservativen. Das kam so: Vor acht Jahren meldete sich der Republikaner freiwillig dafür, den designierten Verteidigungsminister der Demokraten nach seiner Haltung zu Homosexuellen in der Armee zu befragen. Als das Reizthema bei der Vorbereitung des Kreuzverhörs an die Reihe kam, „herrschte plötzlich Totenstille“, sagte der damalige Senator. „Ich glaube, meine genauen Worte waren: ‚Wenn niemand anders es übernehmen will, dann kann ich ja die Frage stellen.‘“ Geradeheraus, berechenbar und dabei nicht mal unsympathisch – das ist der Mann, den George W. Bush als US-Botschafter nach Deutschland schicken will.
Bis er zum Sprachrohr der Republikaner in ihrem Kampf gegen die Aufhebung des Schwulenverbots im Militär wurde, war Coats ein typischer Hinterbänkler. Pünktlich und pflichtbewusst, hielt er sich bei fast allen Abstimmungen an die Linie der Fraktion. Höhepunkt seiner Karriere war ein Gesetz, das verhinderte, dass seine landwirtschaftlich geprägte Heimat den Müll der industrialisierten Bundesstaaten aufnehmen muss.
Coats stammt aus Indiana, dem Ostwestfalen der USA. Seine politische Laufbahn begann er als Mitarbeiter des späteren Vizepräsidenten Dan Quayle. Immer, wenn Quayle auf der Kariereleiter eine Stufe nach oben kletterte, rückte Coats auf den frei werdenden Rang nach. Erst beerbte er den glücklosen Vize des ersten Präsidenten George Bush im Repräsentantenhaus, dann im Senat.
Als ihm mit Clintons Wahlsieg von 1992 die Frackschöße von Dan Quayle entzogen wurden, verlor der Republikaner die Lust an der Politik. 1998 ging der gelernte Jurist als Lobbyist zur Washingtoner Kanzlei Verner, Liipfert, Bernhard, McPherson & Hand, die ihn als „denkenden Konservativen“ anpreist.
Dass dem 57-Jährigen jetzt der Botschafterposten in Berlin angetragen wurde, ist zum Teil als Trostpflaster zu verstehen. Ursprünglich war er als Verteidigungsminister der neuen Bush-Regierung im Gespräch gewesen. Letztlich bekam der Veteran Donald Rumsfeld den Job.
Bei Verner, Liipfert, Bernhard, McPherson & Hand gab eine verständnisvolle Sekretärin am Dienstag die Auskunft, Coats sei für Journalisten derzeit nicht zu sprechen. Bevor er nach Berlin aufbrechen darf, braucht er schließlich noch die Zustimmung des US-Senats. Dort werden sich in den kommenden Monaten die Demokraten zusammensetzen – zur Verteilung der Fragen fürs Kreuzverhör.
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