: Bilder eines Dorfes
Eindrucksvolle Schwarz-Weiß-Fotos aus dem Osten Kubas: Susanne Rescios „Matahambre, vergessenes Dorf“ in der Galerie 11 ■ Von Knut Henkel
Beim Stichwort Kuba fallen die Klischees von tanzenden schönen Menschen, relaxter Karibik-Atmo, Zigarren und Rum wie überreife Äpfel vom Baum. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Der anderen ist Susanna Rescio nachgegangen.
Matahambre ist Kuba und Kuba ist Matahambre, aber das kleine Dorf im Osten der Insel hat auch etwas Besonderes. Als ungewöhnlich aufgeräumt und ordentlich hat es Susanna Rescio wahrgenommen: Sauber abgezirkelte Kakteenhecken fassen die Terrassen mit den Schaukelstühlen ein und erinnern eher an deutsche Vorgärten als an karibische Lebensphilosophie, erzählt die italienische Fotografin.
Ein Fotoauftrag hat die 36-Jährige in das abgelegene Dorf nördlich von Santiago de Cuba geführt. Musiker sollte sie für ein Plattencover fotografieren, doch schon bei ihrer Ankunft in Matahambre registrierte die gelernte Dolmetscherin die kleinen Eigenarten des vergessenen Dorfes aus ärmlichen Holzhäusern.
Die hat sie auf Zelluloid gebannt, und schon beim Entwickeln der stimmungsvollen Schwarz-Weiß-Fotos war sie davon überzeugt, das sie zu schade sind, um nur das Cover der CD von Matahambre Son zu zieren. Die Musiker, allesamt aus ärmlichen Verhältnissen stammend und mit dem traditionellen Son verwachsen, stehen zwar im Mittelpunkt ihrer Bilder, aber den Alltag in Matahambre, das übersetzt „Töte den Hunger“ heißt, hat sie ebenfalls festgehalten: Bilder von der Arbeit auf dem Feld, vom Warten auf den Bus, aber auch vom Baile, dem Tanzvergnügen am Abend, wenn Matambre Son aufspielen.
Vor allem sind es die gelungenen Porträts von Jung und Alt, die Matthias Möbius vom Label Danza y Movimiento davon überzeugt haben, ein kleines Büchlein zur CD zu produzieren: „So kann man sich einen Eindruck verschaffen, wo die Musiker herkommen, wie sie leben und wie unverfälscht die Musik ist, die sie machen“.
Nicht eine einzige Coverversion findet sich im Programm von Matahambre Son. Alle Stücke stammen aus der Feder der jungen Nachwuchsmusiker, und diese Tatsache war es auch, die Möbius davon überzeugt hat, die Gruppe zu produzieren. Entdeckt wurde sie von José Ochoa, dem Bruder von Eliades Ochoa, der als Gitarrenvirtuose des Buena Vista Social Club international bekannt wurde. Bei einer Spritztour über die Dörfer hat er die jungen Musiker gehört, für gut befunden und mit ihnen ein kleines Demotape aufgenommen.
Der Ausflug ins Studio in Santiago de Cuba war für die sechsköpfige Son-Band ein echtes Ereignis, denn gerade zwei Mitglieder der Band haben eine Musikausbildung, die anderen verdienen ihr Geld als Schreiner, Schweißer oder Fernsehtechniker und sind pure Autodidakten. Das Demotape landete über eine Freundin auf dem Schreibtisch von Möbius, der schließlich Susanna Rescio auf die Reise nach Matahambre schickte. Ein Zufall, der für die freiberufliche Fotografin zum Selbstläufer werden sollte.
Denn als die Fotos zu dem kleinen Heft über Matahambre Son in den Händen des Graphikers landeten, plädierte der gleich für deren Ausstellung und schickte die Italienerin zur Galerie 11. Dort sind die Schwarz-Weiß-Fotos nun unter dem Titel „Matahambre, vergessenes Dorf im Osten von Kuba“ zu sehen.
bis zum 15. 5., Mo – Fr 15 – 18 Uhr sowie nach Vereinbarung (Tel. 37 03 32 60), Galerie 11 im Gruner + Jahr Pressehaus, Baumwall 11.
Das begleitende CD-Book von Matahambre Son ist bei Danza Y Movimiento/EFA erschienen
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